Gut, aber wenig Emotionen

Manchmal ist es schwierig zu erklären, wieso ein Spiel nicht ganz zündet. Vor allem, wenn es ein Spiel wie Auf den Spuren von Marco Polo ist, das ja oft über den grünen Klee gelobt wird. Verständlich, denn so ziemlich alles funktioniert nahezu perfekt. Das Spiel sieht sehr gut aus, ist nicht überfrachtet und doch anspruchsvoll genug, bietet genügend Varianz und mit seinen Charakteren etwas ganz Besonderes. Warum es dennoch für uns kein Highlight ist, lest ihr im Folgenden.

Irgendwie ist Marco Polo für uns so etwas wie ein Hollywood-Blockbuster der guten Sorte: es schaut richtig gut aus, funktioniert technisch einwandfrei, unterhält auf gutem Niveau und (das hat es solchen Filmen voraus) ist dazu noch fordernd genug für unsere grauen Zellen. Alles passt erstmal soweit - man setzt seine Würfel auf Aktionsfelder, mal benötigt man einen, mal bis zu drei davon. Die niedrigste Zahl löst dabei die Stärke der Aktion aus und, sofern das Feld bereits besetzt ist, entscheidet sie ebenso über den Geldbetrag, den man

bezahlen muss. Man sammelt fleißig Ressourcen, um Aufträge zu erfüllen, denn nur derjenige, der die meisten davon schafft, erhält sieben Siegpunkte. Außerdem reist man mit seiner Spielfigur herum, erfüllt dabei im Optimalfall Zielkarten, staubt diverse Boni ab oder schaltet Zusatzaktionen frei. Als erster nach Beijing will man auch, denn auch da winken Siegpunkte. Einkommen ist wichtig, denn ohne Geld geht nichts in diesem Spiel. Das zu bekommen, kann einen immer wieder vor große Herausforderungen stellen, zumindest wenn man weite Wege auf der zurücklegen will.

Erwähnt werden müssen natürlich auch die einzigartigen Charaktere, von denen jeder vor Spielbeginn einen erhält. Allesamt haben sie eine wahnsinnig gute Fähigkeit, die dem Spieler in irgendeinem Bereich einen Vorteil verschafft. Ein Spieler muss beispielsweise gar nicht würfeln (klingt krass, oder? Ist es auch), der andere darf einfach von Oase zu Oase springen,  egal wie weit diese auf der Karte entfernt liegen. Auch krass ... ihr seht schon! ;-)

Das ist wirklich ein tolles Element, das das Spiel doch eigentlich mitsamt seinen ganzen

Vorzügen doch zu einem Highlight machen müsste, oder? Wahrscheinlich schon, aber genau eine Sache stört uns: Im Endeffekt erfüllen wir Auftrag um Auftrag und sammeln dafür geradlinig Ressource um Ressource. Natürlich macht man das in vielen Spielen so, hier fühlt es sich für uns aber auffällig präsent an. Obwohl alle Städte immer andere Aktionen und Boni haben, hat sich bei uns oft Monotonie eingestellt, die man beim Spielen spürt. Ich will nicht sagen, dass mir die eigenen Züge in diesem Spiel gleichgültig sind, aber ich bin auch nicht sonderlich emotional dabei. 

Pro:

+ optisch hübsch

+ prima Spielmaterial

+ astreine Spielmechanik

+ tolle Charakterfähigkeiten

 

Contra:

- Spielablauf an sich recht unspektakulär

  (Aufträge erfüllen, reisen, Aufträge, reisen, ...)

 


Wertungen

Chris: 6

Klemens: 7

Sarina: 6 

Michi: 6 

 

FAZIT:

Die Gefährten sind sich überraschend einig: Marco Polo ist gut, aber eben auch nicht mehr als das. Optik, Mechanik und Spielmaterial sind prima und die Charakterfähigkeiten sogar originell und spannend - dennoch reicht es für uns seltsamerweise nicht aus, den Spielspaß auf das Höchstlevel zu treiben. Die eigenen Züge fühlen sich irgendwie ohne Bedeutung an, man tut, was man mit seinem Charakter und der überschaubaren Auslage eben tun muss und führt seine Aktionen ohne große Emotionen aus. Zumindest empfinden wir das so.

 

Es gibt sie eben - die Spiele, die bei anderen zu ihren Lieblingsspielen gehören, einen selbst aber einfach nicht ganz abholen. Marco Polo würde ich immer wieder mitspielen, aber wenn ich selbst ein Spiel aussuchen darf, dann ist es wahrscheinlich nicht dieses.

 

Text: Chris