Basierend auf dem erfolgreichen Kartenspiel "Oh my Goods" hat Alexander Pfister neben "Maracaibo" ein zweites großes Spiel dieses Jahr auf Lager - "Aufbruch nach Newdale". In der Brettspielumsetzung seines Kartenspiels bereist man erneut das Königreich Longsdale, Vorkenntnisse sind dafür keine nötig. Wir haben die Kampagne durchgespielt und verraten Euch, wie viel Spaß wir damit hatten.
Wie funktioniert das Spiel?
Grundsätzlich lässt sich das Spiel als zusammenhängende Kampagne mit insgesamt 8 Kapiteln spielen. Jedes Kapitel kann theoretisch aber auch völlig eigenständig gespielt werden.
Zunächst wird eine Ereigniskarte gezogen, die abgehandelt wird und die verfügbaren Gehilfen zeigt, die alle Spieler in dieser Runde auf jeden Fall zur Verfügung haben. Anschließend setzt jeder Spieler reihum einen seiner beiden Aktionssteine auf Aktionsfelder auf dem eigenen Spielertableau oder dem Aktionstableau. Auf letzterem können alle Spieler ihre Steine einsetzen, auch auf bereits besetzte Felder. Hier erhält man bis zu zwei weitere Aktionssteine, darf Karten ablegen und nachziehen, einen Fortschritt freischalten, ein Gebäude aus seiner aktuellen Hand bauen oder auf dem Schwarzmarkt tätig werden.
Auf dem eigenen Spielertableau hingegen findet das Wesentliche statt, das auch schon "Oh my Goods" ausgezeichnet hat, das Kartenmanagement und die Produktion von Waren. Setzt man einen Aktionsstein auf ein gebautes Gebäude, hat man die Qual der Wahl: bei "schlampiger Produktion" benötigt man weniger Gehilfen als angegeben, bei "ordentlicher" mindestens so viele wie angegeben und bei "außerordentlicher" Produktion muss man weitere Gehilfen der abgebildeten Farbe haben.
Der Clou ist nämlich, dass erst nach dem Setzen der Aktionssteine weitere Gefährten (in der Regel vier) aus dem Beutel gezogen werden und zu den aufgedruckten auf der Ereigniskarte hinzuzählen. Sind nun also beispielsweise nicht genug blaue Gefährten verfügbar, die ich für mein aktiviertes Gebäude benötige, kann ich nicht produzieren. Es sei denn, man wirft für jeden fehlenden Gefährten drei Handkarten ab. Neben der Produktion durch Gehilfen darf man - egal ob zuvor erfolgreich oder gescheitert - über Verkettung produzieren. Hierzu gibt man z.B. Rohstoffkarten ab oder verschiebt Waren von einem Gebäude zu einem anderen, das die entsprechende Ware verarbeitet,
Nachdem alle Aktionen ausgeführt wurden, gibt es eine kostenlose Bauaktion für alle, alternativ kann man auch zwei Karten ziehen. Danach werden noch die schwarzen Sondergebäude aktiviert und die Runde ist zu Ende. Sobald ein Gebäude gebaut wurde, setzt man ein Haus auf dem Spielplan ein. Dadurch breitet man sich aus, um z.B. Geheimaufträge zu erfüllen oder Bonusplättchen zu erhalten.
Nach sieben Runde endet eine Partie. Die Spieler erhalten Siegpunkte für Militärstärke auf ihren Karten, können Kapitel- und Geheimaufträge erfüllen und Restwaren eintauschen.
Was ist das Besondere an Newdale?
Besonders ist bei "Newdale" natürlich der interessante Produktionsmechanismus durch Gehilfen und vor allem die effektive Verkettung. Erstere bringt ein "push-your-luck"-Element mit sich, zweitere basiert auf etwas Kartenglück und einer geschickten Kombination aus Gebäudebau und deren Aktivierungsreihenfolge.
Auch die Kampagne macht das Spiel auf eine gewisse Weise originell, denn dass in ein Euro-Spiel eine fortlaufende Geschichte integriert wird, ist neu.
Wie sehr gefällt es uns?
Uns hat "Newdale" während der acht Partien der Kampagne durchaus Spaß gemacht. Der Mix aus den "push-your-luck"-Elementen der Gehilfen-Produktion, dem Ausbreiten auf den unterschiedlichen Spielplänen, dem Kartenmanagement und den effektiven Verkettungen ist interessant und so in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal. Das, was hier innerhalb der sieben Runden einer Partie abläuft, ist gut durchdacht und stellt einen immer wieder vor gewisse Herausforderungen.
Alles steht und fällt mit den Karten, die man auf die Hand bekommt. Sie sind der Initiator für die Strategie, die man verfolgt. Es kann hier natürlich vorkommen, dass relevante Karten für den aktuellen Kapitelauftrag zu spät oder gar nicht kommen. Man muss, trotz der Möglichkeit des Kartenabwerfens und Neuziehens, das Beste aus seiner Hand machen. Insgesamt hat uns hier etwas enttäuscht, dass im Laufe der Kampagne eher wenig neue Karten hinzukommen bzw. diese auch erstmal auftauchen müssen. Hier kommen wir auch schon zum größten Problem, das wir mit dem Spiel hatten - es ist uns insgesamt zu eintönig. Die Partien spielten sich alle extrem ähnlich, trotz der unterschiedlichen Spielpläne und Aufträge. Es kam sogar soweit, dass alle Spieler in den letzten drei (von sieben!) Runden exakt dasselbe aktiviert haben, da es schlicht die beste Option war. Das ist dann am Ende wenig begeisternd, generell hat "Newdale" insgesamt auch einfach zu wenig begeistert. Es macht aufgrund seiner gelungenen Mechanik Spaß, ist aber weder besonders spannend, taktisch, in irgendeiner Weise emotional oder aufregend.
Der Wiederspielreiz hält sich bei uns stark in Grenzen. Jede Kampagnenpartie einmal zu spielen war schön, eine weitere Runde reizt uns allerdings nicht. "Newdale" ist also tatsächlich ein Spiel, mit dem wir "durch" sind und es deshalb bereits unser Spieleregal wieder verlassen hat.
Jetzt noch ein paar Worte zur "Legacy-Light"-Komponente: Grundsätzlich finden wir es toll, wenn ein Verlag versucht, recht trockene Euro-Mechanismen mit einer Story zu verbinden. Aber nur, wenn dadurch ein wirklicher Mehrwert entsteht, was im Falle von "Newdale" für uns nicht wirklich gut geklappt hat. Die Geschichte, die dahintersteckt, ist rudimentär, wenig aufregend und für uns nicht mehr als erweiterter "flavour text". Das ist schade, letztendlich muss man aber sagen, dass das Spiel selbst unserer Meinung nach nicht das richtige war, um einen solchen Ansatz zu verfolgen. Einige werden das vielleicht anders sehen, aber das ist eben auch höchst subjektiv und wir finden, dass es viele Spiele sogar allein durch ihren Spielablauf mehr Erlebnis und Geschichte transportieren als ein solcher "Legacy-Light"-Ansatz. Wir fanden es zudem schade, dass man während der Kampagne nicht wirklich etwas aufbaut, das in der nächsten Runde Relevanz hat.
Wertungen
Chris: 6 (das Spiel an sich hat mir während der Kampagne Spaß gemacht, ohne mich allerdings zu begeistern oder auf irgendeine Weise abzuholen. Nochmal spielen möchte ich es aber jetzt nicht mehr, dafür sind mir die einzelnen Partien zu eintönig.)
Sarina: 6 (schönes Spiel mit originellem Mechanismus, insgesamt aber monoton und wenig spannend. Die Geschichte hat mir gar nicht gefallen, das war echt alles sehr banal. Enttäuscht war ich auch von der Kampagne, da sich alle Partien viel zu wenig voneinander unterscheiden. Tendenz geht zur 5, gerade noch eine 6 aufgrund der netten Optik und der Mechanik dahinter)
Alexander Pfister ist mit "Aufbruch nach Newdale" eine überzeugende Brettspielumsetzung seines Kartenspiels "Oh my Goods" gelungen. Der Mix aus Kartenmanagement, Ausbreitung auf dem Spielplan, Gebäudebau und Produktion ist clever verwoben und originell, was das Spiel von anderen abhebt. Leider hält sich der Wiederspielreiz nach einigen Partien stark in Grenzen, da sich vieles wiederholt und der eigentliche Ablauf wenig spannend ist.
Die integrierte Kampagne ist nett, die Geschichte zeigt sich jedoch - wie das gesamte "Legacy-Light"-Konzept - als wenig gewinnbringend. Wir persönlich waren nie wirklich in der Geschichte und hatten zu keiner Zeit das Gefühl, eine auf sich aufbauende Kampagne zu erleben. Schade. Uns ist durchaus bewusst, dass eine epische Story hier gar nicht im Fokus steht, doch etwas mehr als für das Spiel belanglose Einführungstexte und kleinste Story-Häppchen hätte es schon sein dürfen. So lockt das kaum jemanden vom Ofen hervor.
Text: Chris
Für diese Rezension stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür an Lookout Spiele.