In den 80ern war alles einfach besser! Glaubt Ihr nicht? Tja, was soll ich sagen ... wer seine Kindheit in diesem genialen Jahrzehnt verbracht hat, weiß, dass ich keine Märchen erzähle. Neben Brettspielen wie "Sagaland" hatte diese Zeit Unvergessliches zu bieten: Waffelkekse, Mopeds und ein Fernsehprogramm direkt aus dem Himmel. Während die Gummibären, He-Man und Tsbubasa und die tollen Fussballstars das Kinder-TV-Programm prägten, waren es die mittlerweile antiken Videokassetten, die zwischen Käsepizzen und Cola konsumiert wurden. Ja echt, sowas gab's mal und ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Klassiker wie "E.T.", "Terminator" oder eben - etwas trashiger - John Carpenters "Big Trouble in Little China". Damals gefloppt, weil seiner Zeit voraus, gilt der Streifen heute als einer der großartigsten Trash-Action-Filme überhaupt. Was also taugt die Brettspielumsetzung von Everything Epic Games?
Thematisch hält sich das Spiel dicht an die Filmvorlage. Eine aus zwei bis vier Spielern bestehende Gruppe um den Trucker Jack Burton und seine Freunde Egg Shen, Wan und Gracie versuchen kooperativ, den chinesischen Schwarzmagier Lo Pan und seine Schergen aufzuhalten. Die bunte Heldentruppe will nämlich Wans entführte Verlobte befreien, bevor der Bösewicht das junge Ding für seine Wiederauferstehung als Sterblicher zur Frau nehmen und opfern kann. Geile Story, oder?
Wie funktioniert das Spiel?
Das Spiel verläuft über zwei Akte, in denen die Spieler kooperativ agieren. Im ersten Akt ist die Gruppe in Chinatown unterwegs, der Vorderseite des doppelseitigen Spielplans. Ziel hierbei ist es, möglichst viele Haupt- und Nebenquests erfolgreich zu absolvieren und dabei Lo Pans Gefolgschaft zu minimieren, um sich bestmöglich für das Finale aufzuleveln. Die Quests orientieren sich erneut am Film und enthalten persönliche Ziele sowie allgemeine Aufgaben. Dabei versucht Jack beispielsweise seinen gestohlenen Truck wiederzufinden, Wang sucht das Drachenschwert, man kämpft in Straßengefechten gegen die Wing Kong oder besorgt Kräuter für magische Tränke. Die Hauptquests sind zudem variabel, jeder Charakter hat mehrere davon alle allesamt werden diese aus einem speziellen Questbuch Schritt für Schritt vorgelesen. Immer wieder muss man sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden, ohne die Auswirkungen zu kennen. Dabei wechseln natürlich auch die Questorte, was in Anbetracht des Zeitdrucks eine ordentliche Herausforderung darstellt. Eben wie im Film auch.
Dieser erste Akt endet sofort, sobald einer der beiden Marker (Lo Pans Fortschritt und der Erfolg der Gruppe) das Zielfeld erreicht. In Akt zwei tauchen die Spieler dann im Unterschlupf des Bösewichts auf und versuchen, diesen zu besiegen. Hierbei haben erfüllte und nicht erfüllte Aufträge aus Akt 1 direkte Auswirkungen.
Die Gruppe entscheidet zu Beginn jeder Spielrunde, wer Startspieler ist. Dann wird reihum agiert. Ist man an der Reihe, würfelt man seine roten Aktonswürfel und aktiviert mit diesen Bewegungen, Kämpfe, Fertigkeitsproben, Aufgaben oder ruht sich aus. Wichtig hierbei ist, dass die gewürfelten Symbole immer nur in die entsprechende Zeile von links nach rechts gelegt werden dürfen. Dabei triggern gelb umrandete Felder immer epische Aktionen, die stärker als ihre normalen Pendants sind. In jeder Runde kann jeder Spieler auch einen der schwarzen Schicksalswürfel zur Unterstützung hinzunehmen, muss diesen danach jedoch selbst würfeln. Die Chancen, sich und eventuell der ganzen Gruppe dabei Schaden zuzufügen, stehen 50:50.
Die Spieler können aufleveln, indem sie durch das Besiegen von Gegnern und dem Erfüllen von Aufgaben Chi sammeln. Mit jedem Levelaufstieg können neue Fähigkeiten erworben, bereits vorhandene verbessert oder neue Aktionswürfel hinzugewonnen werden. Außerdem hat jeder Charakter noch eine Spezialfähigkeit, die einmalig pro Akt eingesetzt werden kann.
Was ist das Besondere an "Big Trouble in Little China"?
Das Spiel schafft es tatsächlich, die grandiose 80er-Jahre-Feel-Good-Action-Stimmung des Kultfilms auf den Spieltisch zu projizieren. Man taucht förmlich in die Geschichte ein und erlebt die skurrilen, witzigen Geschehnisse in einem grundlegend hervorragend konzipierten Brettspiel.
Der Spielfluss ist super, da das Spiel nicht durch eine Regelflut überschwemmt wird, sondern grundsätzlich nirgends zu viel Ballast aufweist. Die Anleitung ist nicht ganz optimal, mit ein wenig Einarbeitungszeit sollten aber alle Fragen geklärt werden.
Besonders ist auch der enorme Spannungsbogen, bedingt durch die zwei Akte. Bei beiden Abschnitten sitzt der Zeitdruck den Spielern heftig im Nacken.
Wie sehr gefällt es uns?
"Big Trouble in Little China" ist super. Ehrlich gesagt hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass eine Brettspielumsetzung dieses Kultfilms so gut gelingen kann. Atmosphäre ohne Ende, sodass ich mich in jeder Partie in meine Jugend zurück katapultiert fühle. Mit einer leckeren Pizza und den richtigen Mitspielern liefert dieses Spiel eine wahre Gaudi und ist tatsächlich der Grund dafür, weshalb ich meine Liebe zu Ameritrash-Spielen wiedergefunden habe. Natürlich muss man darauf eingestellt sein, dass hier nicht die Spielmechanik und Strategieplanung im Fokus stehen, denn sonst floppt jedes solcher Spiele. Hier geht es primär um das Erleben der Geschichte, die Atmosphäre und den Spaß, aber auch spielmechanisch wurden hier tolle Einfälle gut umgesetzt und können ebenso überzeugen. Die Aktivierung der genretypischen Aktionen wie Bewegung, Kampf oder Fertigkeitsproben wurde mittels einer originellen, frisch wirkenden Würfel-Einsetz-Variante umgesetzt. Hinzu kommen viele nette Ideen, die einfach gut zum Thema des Spiels passen.
Trotz aller Euphorie darf nicht unerwähnt bleiben, dass nicht alles durchweg großartig ist, denn das Spiel hat ohne Frage auch ein paar Schwächen. Dadurch, dass es pro Charakter nur zwei Hauptquests und insgesamt drei Quests für die Stürme gibt, hat man nach einigen Partien vieles schon gesehen. Der Wiederspielreiz leidet dadurch natürlich, auch wenn das keineswegs bedeutet, dass es keinen Spaß mehr macht. Man weiß dann halt, was passiert, immerhin gibt es eine Vielzahl an Nebenquests und Big Trouble-Ereignissen. Hinzu kommen einige kleine Balancing-Makel bezüglich einiger Herausforderungen, vor allem in Akt 2. Das schmälert den überaus positiven Gesamteindruck jedoch nur leicht, denn alles in allem muss man wirklich sagen, dass man hier genau das bekommt, was man sich von so einem Spiel erwartet.
Wertungen
Chris: 9 (Das Spiel hat mich voll abgeholt und überraschenderweise auch spielerisch überzeugt. Objektiv betrachtet gebe ich dem Spiel aufgrund kleiner Ungereimtheiten richtig gute 8 Punkte, als Fan des Films zücke ich die 9.)
Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als eine glasklare, fette Empfehlung für "Big Trouble in Little China" auszusprechen. Spannende zwei Akte, unfassbar viel Atmosphäre und extrem spaßige Haudrauf-Action machen dieses Spiel zu einer hervorragenden Brettspielumsetzung des Kultfilms. Dieses Spiel ist voller guter und witziger Einfälle, wobei auch spielmechanisch Reizvolles geboten wird.
Die geringe Anzahl an Hauptquests nagt etwas am Wiederspielreiz und einige kleine Balancing-Ungereimtheiten schmälern das Erlebnis marginal. Ansonsten erlebt man hier ein wahnwitziges, cooles und spaßiges Kung-Fu-Fantasy-Action-Spektakel, das einen direkt in die 80er versetzt.
Wer Lust auf ein glückslastiges Ameritrash-Spiel mit superber Atmosphäre und Humor hat, kommt an diesem Spiel eigentlich nicht vorbei. Für Fans des Films ein klarer Pflichtkauf!
Text: Chris