Verlag: H@ll Games / Pegasus Autor: Stefan Feld Spieldauer: 70-100 Min. Spieleranzahl: 1-4
Mit "Bonfire" bekommt das Spielejahr 2020 ein neues Highlight von Stefan Feld serviert. Noch immer gehört Feld im Bereich Eurospiele weiterhin zu den besten Spieleautoren seiner Zunft. Nicht alle seine Spiele sind Highlights oder gar Meisterwerke, viele davon sehr mechanisch, zumindest aber stets originell. Dennoch schafft er es immer wieder, aus seinen fein durchdachten Spielemotoren interessante Brettspiele zu kreieren. Dieses Mal überrascht sein neuestes Spiel mit einer imposanten Optik und versprüht sogar Atmosphäre. Täuscht das über ein "nur" gutes Spiel hinweg? Oder ist "Bonfire" endlich wieder ein Volltreffer?
Wie funktioniert das Spiel?
Aktionen werden mittels Aktionsplättchen ausgeführt. Zu Beginn startet man mit fünf dieser Plättchen. Sobald man nur noch eines davon hat, darf man den obersten oder untersten Streifen auf seinem Tableau anlegen und erhält die darauf abgebildeten Aktionsplättchen. Sorgt man beim Anlegen dafür, dass sich gleiche Symbole aneinanderreihen, erhält man das jeweilige Aktionsplättchen entsprechend oft.
Grundlegend bietet "Bonfire" Feld-typisch eine ganze Reihe von Aktionsmöglichkeiten. Man kann mit seinem Schiff fahren, um auf Inseln Aufgaben oder Priesterinnen einzusammeln. Diese Priesterinnen können auf dem eigenen Tableau bewegt werden, vorausgesetzt man hat sich weitere Wegabschnitte besorgt. Mittels Priesterinnen erhält man dann durch deren Bewegung Ressourcen, mit denen man wiederum die Aufgaben erhält und mit denen man mächtige Gnome kaufen kann. Die Gnome sind pro Spieler auf sechs begrenzt, allesamt brechen sie bestimmte Regeln, die einen Vorteil für den Rest des Spiels bieten oder geben Siegpunkte am Ende.
Hat man eine der gesammelten Aufgaben erfüllt, entfacht man ein Leuchtfeuer an dieser Stelle. Hier lassen sich dann weitere Punkte ergattern, sofern man es schafft, mit einer Priesterin vom Weg abzuzweigen und sich dorthin zu begeben. Hierfür benötigt man aber auch noch Portale, die zwischen Wege und Leuchtfeuer in einer bestimmten Reihenfolge platziert werden müssen. Portale erhält man über eine weitere Aktion, dem Bewegen des großen Leuchtfeuers auf dem Spielplan. Bewegt man dieses Leuchtfeuer, darf man zwei von drei möglichen "Geschenken" wählen.
Das Spielende wird eingeleitet, sobald eine bestimmte Anzahl an Priestern - abhängig von der Spieleranzahl - im Rat stehen. Diese darf man immer dann entsenden, sobald man eine seiner Aufgaben oder eine übergeordnete Aufgabe erfüllt hat. Wird das Ende getriggert, haben alle Spieler noch exakt 5 Züge. Dann gewinnt wie üblich, wer die meisten Punkte hat.
Was ist das Besondere an "Bonfire"?
"Bonfire" sieht für ein Spiel von Stefan Feld erstaunlich gut aus. Das klingt zwar etwas fies, aber mit Ausnahme der Deluxe-Ausgabe von "Luna" und einigen Ausnahmen, kommen seine Spiele - auch verlagsbedingt - meist eher etwas trist daher. Dieses Mal aber schaut das Ganze echt gut aus, der Spielplan versprüht Atmosphäre und die Karten sind stimmungsvoll illustriert.
Auch spielerisch bietet "Bonfire" besondere Elemente. Während die eigentlichen Aktionen recht unaufgeregt daherkommen, ist die Aktionsbeschaffung über das Anlegen der Streifen definitiv etwas Einzigartiges. Hinzu kommt, dass die Glückskomponente erfreulich gering, die Interaktion aber höher ist, als man es vermuten würde. Das Drehen des Leuchtfeuers durch einen Gegner kann einem schnell einen Strich durch die Rechnung machen, ebenso ist der Andrang auf starke Gnome und lukrative Aufgaben groß. Hinzu kommt dann noch, dass man stets die Priesteranzahl im Rat im Auge haben muss, da so ordentlich Druck aufgebaut werden kann und ein Spielende früher daherkommt, als es einem manchmal lieb ist.
Wie sehr gefällt es uns?
Dass Stefan Feld seine Spiele mit Fokus auf Mechanik entwickelt, ist hinreichend bekannt. Umso schöner, dass der redaktionelle Feinschliff hier wahre Wunder gewirkt hat. Das thematische Korsett, das ""Bonfire" verpasst wurde, funktioniert und das Spiel profitiert enorm von der fabelhaften Optik und der netten Fantasy-Welt, die sogar eine mehr oder weniger interessante Story verpasst bekommen hat. Natürlich darf man hier jetzt keine Wunder erwarten und einige Aktionen wirken immer noch konstruiert und ergeben nicht vollends Sinn. In Anbetracht des Fortschritts zu vielen früheren Spielen ist das aber definitiv ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Spielerisch gefällt uns vor allem die Offenheit, die einem "Bonfire" bietet. Anfangs spielt man, wie so oft, erst mal ins Blaue hinein, aber auch wenn man langsam begreift, wie der Hase läuft, gibt es keinen vorgegebenen Siegespfad. Viel hängt von den verfügbaren Aufgaben, den ausliegenden Gnomen, der aktuellen Position des Leuchtfeuers und weiteren Einzelheiten ab. Ein weniger effizienter Spielzug katapultiert niemanden direkt ins Aus, dennoch wird am Ende eher der Spieler gewinnen, der die gegebenen Möglichkeiten am besten erkennt und nutzt.
Was ich mir ebenfalls wieder gut gefällt ist die offene Rundenanzahl. Je nachdem, wie schnell Aufträge erfüllt werden, endet ein Spiel immer dynamisch. Man darf also nie zu weitläufig planen, man muss stets im Blick haben, wie lang eine Partie noch ungefähr gehen wird. Die Spannung stimmt ebenfalls, denn die meisten Punkte werden am Spielende vergeben und so wirklich abschätzen, wer gewinnt, kann man meistens kaum.
Die Glückskomponente erstreckt sich bei "Bonfire" auf ein überschaubares Maß, was gut zum Spiel passt. Es gibt zudem stets genug Handlungsmöglichkeiten, falls ein Weg tatsächlich mal gar keine Option bietet.
Wirklich viel kritisieren kann und will ich eigentlich gar nicht, denn das Spiel gefällt mir außerordentlich gut. Auch meinen bisherigen Mitspielern hat "Bonfire" gut bis sehr gut gefallen und es ist in seiner Gesamtheit sicherlich eines der besten Spiele von Stefan Feld. Die Ikonographie ist in Ordnung, vieles erschließt sich allerdings nicht von selbst. In den ersten Partien muss man schon immer wieder mal nachschauen, was gewisse Symbole bedeuten. Auch die Übersicht ist nicht ganz perfekt, aber letztendlich sind das wirklich nur marginale Punkte, die den tollen Gesamteindruck nur unmerklich schmälern.
Warum ich "Bonfire" für ein sehr gutes Spiel halte, es aber für mich trotz aller gelungener Aspekte kein Meisterwerk ist, liegt an der grundsätzlichen Spielkomposition. Trotz der Fortschritte in Optik und Atmosphäre scheint auch bei "Bonfire" in den allermeisten Momenten die mechanische Seele des Spiels durch. "Bonfire" schafft es zudem im Gegensatz zu den ganz großen Spielen oder auch "Luna" - dem unserer Meinung nach besten Feld - nicht, auch auf der emotionalen Schiene voll zu überzeugen. Dennoch auf Anhieb eines meiner Lieblingsspiele des Autors, daher ergattert "Bonfire" erstmal einen Platz im Spieleregal.
Wertungen
Chris: 7 (hat mir auf Anhieb sehr gut gefallen, viele Handlungsoptionen, cleverer Mechanismus, mal wieder eine kleine Plättchen-Materialschlacht, aber das Ganze hat schon seinen Reiz, trotz allem holt es mich nicht ganz ab, vermittelt ein zu mechanisches Gefühl)
Sarina: 8 (für mich auf einem Level mit AquaSphere, nicht ganz so gut wie Luna. Dennoch ein sehr schönes, interessantes Spiel, tolle Aktionsbeschaffung, recht gute uund stimmungsvolle Optik)
Großartig konzipiertes Spiel mit toller Optik und endlich auch etwas Atmosphäre. Aufgrund origineller Aspekte wie dem Streifenmanagement, der gut austarierten Offenheit und kniffligen Spielsituationen einer der besten Feld-Titel.
Dennoch reicht es nicht zum Meisterwerk! Es fehlen die Überraschungen, der Thrill, die ganz großen Entscheidungen und die epischen Spielmomente. "Bonfire" ist ein Spiel, über dessen Ablauf man noch nach der Partie nachdenkt. Allerdings nicht über einzelne, denkwürdige Momente.
Text: Chris.