So spannend wie der Film?

Filmumsetzungen sind schwierig. Selten gelingt es einem Brettspiel, den Flair eines Films ordentlich einzufangen und dann auch noch ein überzeugendes Spiel abzuliefern. Ravensburger gelingt die Umsetzung von "Der weisse Hai" durch zwei spannende Akte, clever ausgedachten Details und einer Menge Filmatmosphäre überraschend gut. Warum "Der weisse Hai" auf dem Brettspielmarkt trotzdem wahrscheinlich nicht ganz so legendär werden wird wie im Kino, erfahrt Ihr im Folgenden.

Wie funktioniert das Spiel?

Durch seine Asynchronität - ein Spieler schlüpft in die Rolle des Hais, alle anderen in die der Filmcharaktere Brody, Quint und Hooper - bietet "Der weisse Hai" kooperative und kompetitive Elemente. Ziel der Gruppe ist es selbstredend, dem bedrohlichen Hai den Garaus zu machen. Dabei teilt sich das Spiel in zwei Akte auf.

 

Im ersten Akt treibt der Hai am Badestrand sein Unwesen. Sein Ziel: möglichst viele Badegäste zu erwischen. Gleichzeitig versuchen die drei Charaktere, das Fischfutter gering zu halten und den mörderischen Hai aufzuspüren. Je länger die Partie dauert und je aggressiver der Hai vorgeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass er entdeckt wird. Der erste Akt endet, sobald der Hai entdeckt wurde oder neun Badegäste das Zeitliche gesegnet haben.

 

Abhängig davon, wie der erste Akt verlaufen ist, erhalten die beiden Seiten unterschiedlich viele Unterstützungskarten. Nun geht es auf die Orca - das Schiff, auf dem der finale Endkampf vonstatten geht. Der Hai versucht dabei, die Orca zu zerstören und Hooper, Brody und Quint ins Nasse zu befördern, wo er sie verschlingen kann. Die drei tapferen Helden versuchen jedoch, die Angriffe des Hais vorherzusehen, eine geeignete Position auszuwählen und mit geeigneten Waffen das Tier zu töten.


Was ist das Besondere an "Der weisse Hai"?

Das Spiel schafft es tatsächlich, eine ordentliche Portion Spannung aufzubauen. Vor allem im zweiten Akt ist das schon wirklich gelungen, was hier passiert. Dabei muss man erwähnen, dass eine gute Absprache zwischen den Haijägern wichtig ist. Wo wird er auftauchen? Welche Waffe nehmen wir? Wo positionieren wir uns? Fragen, die einen ins Spiel saugen und trotz der Tatsache, dass letztendlich auch Glück eine Rolle spielt, für emotionale Momente sorgen.

 

Wie sehr gefällt es uns?

Als Fan des Films hat mir das Spiel mehrfach ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Die kleinen Details, die einen direkt an den Film erinnern, sind prima integriert, die Atmosphäre stimmt (Tipp: Unbedingt den Original-Soundtrack dazu laufen lassen!) und auch spielerisch wurde die Jagd mit und nach dem Hai thematisch schön umgesetzt. Viel besser als ich erwartet hatte. Und letztendlich darf man dann auch gar nicht viel mehr erwarten als das, denn das Brettspiel schafft es, den Film interessant und spannend umzusetzen. Was will man also mehr?!

 

Dem Spiel merkt man an jeder Ecke und Kante an, dass genau das der Fokus war. Spielerisch sind die Entscheidungen, die man hier trifft, nett, aber nicht mehr. Es kommt eben darauf an, ob einem das Spielprinzip zusagt und vor allem ob man was mit der Thematik anfangen kann. Fans des Films sind demnach deutlich begeisterter als solche, die beim Abspielen des Soundtracks nur mit den Schultern zucken.

 

Das Spielmaterial ist in Ordnung und da stets alle Charaktere im Spiel sind, funktioniert "Der weisse Hai" in jeder Spieleranzahl ähnlich gut. Gefühlt macht es aber zu viert am meisten Spaß, wenn jeder Spieler eine Rolle verkörpert. Der Glücksfaktor ist in beiden Akten präsent, aber das gehört zum Spielkonzept dazu und passt auch gut. Wo der Hai auftaucht, welche Ereigniskarten gezogen werden, welche Position die Schwimmer haben ... all das kann der einen oder anderen Seite natürlich in die Karten spielen, aber so ist das halt eben. Damit muss man umgehen können, sich bestmöglich absprechen und hoffen, dass sich das Blatt wendet. 

 

Ein wenig problematisch sehe ich die Spielzeit, denn eine Partie "Der weisse Hai" dauert meistens dann doch deutlich länger als die angegebenen 60 Minuten. Beide Akte können auch schon mal fast die doppelte Zeit beanspruchen, vor allem mit Neulingen. Am Ende des Tage ist das dann ein Tick zu lange für das, was das Spiel bietet, wobei ich mich hier eher auf die Folgepartien beschränke. Die erste Runde kam bei uns immer hervorragend an, nach zwei Partien hatten aber die wenigsten Mitspieler Lust auf eine erneute Runde - eben auch, weil es einen Tick zu lange dauert.

Darf es im Regal bleiben? Streng genommen nicht, da ich nur noch absolute Highlights behalte und Spiele, die auf irgendeine Weise für mich sehr besonders sind. Als Fan des Films bekommt das Spiel bei mir aber einen Bonus, daher darf es erstmal noch als Wackelkandidat bleiben.

Wertungen

Chris: 6 (gelungene Filmumsetzung, die Spaß macht und durchaus Spannung erzeugt; einen Tick zu lange für ein flottes Spielchen zwischendurch, teilweise etwas zufällig und beschränkt)

FAZIT:

Tatsächlich überzeugt das Spiel eher über das gemeinsame Erlebnis als durch das Resultat eines strategisch oder taktisch einwandfreien Spiels. Mag man so etwas, könnte "Der weisse Hai" durchaus eine Empfehlung wert sein. Eine gelungene und spannende Filmumsetzung, am Ende aber sicher nicht das beste Brettspiel, auch weil dem Spiel nach ein paar Partien etwas die Puste ausgeht.

 

Text: Chris

Für diese Rezension stand uns ein Presseexemplar zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür an RAVENSBURGER.