Gut gemeint, schwach umgesetzt

Es kommt selten vor, dass uns Spiele ratlos zurücklassen, aber bereits nach der ersten Partie von "Die Wikinger Saga" musste ich heftig mit dem Kopf schütteln. Schönes Material, großartige Optik, tolles Inlay, viele verschiedene Abenteuer in unterschiedlichen Welten - und am Ende habe ich trotzdem nichts erlebt. 


Wie funktioniert das Spiel?

Die Spieler durchlaufen acht Abenteuer. In diesen ist das Ziel stets, mit der eigenen Wikingerfigur in einen Zahlenbereich der Skala zu kommen, der lukrativ ist. Katapultiert man sich darüber hinaus, winken Minuspunkte. 

 

Die Spielfiguren stehen auf einem Wegplättchen (bei zwei Abenteuern auf einem Schiff). Ist man an der Reihe, wird zunächst eine Wegkarte gezogen. Das Plättchen wird dementsprechend vorgerückt, alle Spieler rücken also erstmal gleich viele Schritte vor. Anschließend deckt jeder seine gespielte Wikingerkarte auf, die man vorher ausgewählt hat und auf der individuelle Bewegungsschritte und eventuell Bonusaktionen stehen wie z.B. das kostenlose Anwerben neuer Wikinger aus der Auslage. Das Feld, auf das man dann gelangt, kann positive oder negative Auswirkungen haben.

 

Gelangt man auf ein Feld im Bereich der ausgelegten Abenteuerkarte, kann man das aktuelle Abenteuer beenden und das entsprechende Feld werten. Vor jeder Runde und mit bestimmten Fähigkeiten lassen sich weitere Wikingerkarten ins eigene Deck dazukaufen. Immer wieder sollte man auch Karten unter den Valhalla-Schild abwerfen - diese stehen dann erstmal nicht mehr zur Verfügung, allerdings geben diese Karten am Ende Siegpunkte und nur mit diesen lässt sich das letzte Abenteuer bestreiten.


Was ist das Besondere an "Die Wikinger Saga"?

Definitiv die sehr gelungene Präsentation. Optik und Spielmaterial sind klasse und

vermitteln Atmosphäre.

 

Auch die Varianz gefällt, denn es gibt viele verschiedene Abenteuer mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden.

Wie sehr gefällt es uns?

"Die Wikinger Saga" hat uns in Summe nicht sonderlich gut gefallen, da spielerisch extrem wenig geboten wird. Ja, man kann sein Deck aufrüsten und ja, das "Push-your-luck"-Element ist auch irgendwo ganz witzig, aber welche Karten ich wann auf der Hand habe, ist völlig zufällig. Es ist schlicht Glück, welche Karte ich spielen kann, dennoch kann man dem Ganzen eine gewisse Spannung nicht absprechen. Zum Kaufen neuer Karten benötigt man zudem Geld, was mit etwas Pech schnell ganz schön rar werden kann. Immerhin dürfen Spieler, die hinten liegen, mehr Handkarten ziehen, dennoch kann es schnell vorkommen, dass ein Aufholen extrem schwierig werden kann.

 

Natürlich spielt es durchaus eine Rolle, welche Karten ich für die letzte Runde nach Valhalla schicke. Aber auch da habe ich erlebt, dass Spieler einfach nur ohne Sinn uunnd Verstand einfach nur die Karten mit den meisten Siegpunkten eintüten. Welche Wegpunkte darauf sind, war ihnen egal (ja, sie haben es sogar zugegeben). Und glücklicherweise hat es trotzdem perfekt gepasst, während "klüger zusammengestellte Decks" (ich nenne es jetzt einfach mal so) keine Chance hatten, da immer die falschen Karten auf der Hand waren. Das kann man trotzdem mögen, ist halt einfach ne große Portion Zufall dabei. Mir persönlich - und den meisten meiner Mitspieler - war das aber viel zu wenig. 

 

Kommen wir zur thematischen Umsetzung des Spiels: "Die Wikinger Saga" gibt sich durch die vielen Einführungstexte auf den Abenteuerkarten mächtig Mühe, die Spieler in die Geschichte eintauchen zu lassen. Das Problem aber ist, dass man zu keiner Zeit das Gefühl hat, diese Abenteuer auch wirklich zu erleben. Spielmechanisch macht man immer dasselbe und das hat rein gar nichts mit Abenteuern zu tun. Null komma null. Das ist schon sehr enttäuschend und mir will irgendwie nicht einleuchten, warum das so miserabel umgesetzt wurde. Einige Mitspieler wollten mir erklären, dass das einfach nur Flavor-Texte sind, um so ein bisschen ins Thema reinzukommen. Falls dem so ist - für mich noch viel schlimmer. Wenn das eigentliche Spiel so unfassbar weit vom Flavor-Text weg ist, dann kann man sich den meiner Meinung nach auch schenken.

 

"Die Wikinger Saga" ist kein grottenschlechtes Spiel, dafür ist es zu hübsch, zu variabel und stellenweise sogar zu spannend. Aber es ist gewiss auch kein Spiel, das ich noch öfter spielen will, geschweige denn in meinem Spieleregal haben muss.

Wertungen

Chris: 4 (kein gutes Spiel, da enorm viele Ansätze total verpuffen, Abenteuer, die keine sind und eine Deckbau-Mechanik, die ins Leere läuft)

Sarina: 4 (hat mir überhaupt nicht gefallen. Selten habe ich unnötigere Einführungstexte gesehen, spielerisch enorm öde und viel zu glücksabhängig)

FAZIT:

"Die Wikinger Saga" scheitert am Ende an sich selbst. Will sie ein kleines, glückslastiges Push-your-luck-Spiel sein? Dafür betreibt das Spiel mit seiner misslungenen thematischen Umsetzung, vielen modular aufgebauten Abenteuern, die sich am Ende spielerisch kaum unterscheiden, viel zu viel Aufwand. 

 

Auch als Deckbauspiel kann das Ganze nicht überzeugen, da man letztendlich zu wenig Einfluss hat und das letzte Abenteuer, für das man sogar ein extra Deck aufbaut - alles andere als ein würdiges Finale darstellt.

 

Text: Chris

 

Für diese Rezension stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür an Schmidt Spiele.