Zugegebenermaßen gibt es wenige Themen, die mich so sehr anfixen wie Dinoparks. Aufbau, Unterhaltung und Führung eines eigenen Jurassic Parks lässt Kinderfantasien wiederaufleben und tatsächlich gibt es in "Dinosaur Island" viele Parallelen zum großen Filmvorbild: Dinosaurier aus DNS erschaffen, die Sicherheit im Park im Auge behalten und natürlich vielfältige Möglichkeiten, den Besuchern spektakuläre Attraktionen zu präsentieren, um ordentlich Kohle und Popularität zu scheffeln. Der Brettspieltraum eines Dino-Fans?
Mit oder ohne Erweiterung?
Mit der "Totally Liquid" Erweiterung entfaltet das Ganze ein wesentlich breitgefächertes Spektrum an Aktionsmöglichkeiten, spielerischen Vorgaben und Spezialfähigkeiten. Sogar so viele, dass ich bereits nach der ersten Partie keinesfalls mehr ohne Geschäftsführer, Blaupausen, Parkanlagen und PR-Karten spielen wollte. Bis auf die Wassersaurier, die meines Erachtens kaum einen Mehrwert bieten, ist die Erweiterung fast schon Pflicht, da man ohne diese ganzen Elemente ein ziemlich entschlacktes Spielerlebnis im Hinblick auf das mögliche Gesamtspiel bekommt.
Einstiegsfreundlichkeit vs. Regellücken
Da jede Runde in "Dinosaur Island" exakt nach denselben aufeinanderfolgenden vier Phasen abläuft, ist das Spiel recht einsteigerfreundlich. Dem Spielablauf ist leicht zu folgen und die spielerischen Möglichkeiten beschränken sich immer nur auf die gerade in der jeweilige Phase möglichen Aktionen. Das lässt die Downtime natürlich grundsätzlich sinken, allerdings geht diese Zeit dann für die kleinteilige Vorbereitung einer Runde und vor allem das Kartenlesen drauf. Spielt man mit allen Modulen, gibt es schon eine Menge zu beachten und zudem wird jede Runde eine Vielzahl an neuen Karten und Plättchen neu ausgelegt, die man zusätzlich im Blick haben muss. Trotzdem stellt sich recht schnell ein ordentlicher Spielfluss ein. Problematisch sind allerdings einige Unklarheiten bezüglich der Regeln. Nicht alle Symbole, Karten und Sonderfähigkeiten sind einzeln aufgeführt und erklärt, was unweigerlich zur ein oder anderen Diskussion führt. Hier und da gibt es Interpretationsspielraum in der Auslegung einer Regel, was extrem ärgerlich und unnötig ist. Sollte so nicht passieren, wobei man dann auch sagen muss, dass sich die meisten Dinge mit logischer Herangehensweise klären oder zumindest recht plausibel festlegen lassen.
Bonbon-Optik nicht für jedermann
Die optische Präsentation von "Dinosaur Island" ist mutig, denn bei der grellbunten Optik scheiden sich die Geister. Mir persönlich gefällt der Stil, allerdings hatten einige meiner Mitspieler hier eine andere Meinung und empfanden das Spiel als wenig ansprechend. Eine Materialschlacht ist es auf jeden Fall, denn es gibt massig Plättchen, Karten und Figuren, sodass ein großer Tisch hier Pflicht ist. Apropos Figuren - die Meeple und Dinos aus Plastik sind nicht sonderlich hübsch. Dass hier nicht jeder Dino mit einer speziellen Holzvariante daherkommt, ist klar, aber Plastik hätte echt nicht sein müssen. Da gefällt das Double-Layer-Spielerboard schon viel besser und während man über die Gestaltung der Spielbretter und Karten sicherlich diskutieren kann, so sind sie doch zumindest sehr übersichtlich.
Variabilität über Spieldesign
Grundsätzlich ist es löblich, ein kurzes, mittleres und langes Spiel aus Wahlmöglichkeit anzubieten. Unglücklicherweise kollidiert dieses Element hier aber mit der Konzeption einiger anderer Aspekte und führt teilweise weg vom eigentlichen Thema - dem Aufbau eines Dino-Parks. Wenn ich bestimmte Dinge tun muss, weil es die lukrativen Auftragskarten sagen, verschieben sich die Motivationen in die falsche Richtung; zudem wird es bei kürzeren Spielen schwierig, gewisse Dinge wie Blaupausen oder PR-Karten gezielt und sinnvoll um- bzw. einzusetzen. Es kommt einem ein bisschen so vor, dass "Dinosaur Island" an allen Ecken und Enden Variationsmöglichkeiten bieten will, um über die eigentlichen Schwächen im Kern hinwegsehen zu lassen. Um das Kind mal beim Namen zu nennen: das, was man hier spielerisch abseits von Spezialaktionen und Vorgaben macht, ist recht rudimentär und repetitiv, zwar nicht immer statisch (die DNS-Auswahl über die Würfel ist prima), aber meistens zu abwechslungsarm, interaktionsarm und wenig befriedigend. Das Zufallselement mit dem Ziehen der Besucher und Rowdys ist da eine willkommene Abwechslung, reißt das Ruder aber am Ende des Tages nicht wirklich um.
Wo ist die Spannung, wo die Dramatik eines solchen Dinoparks? Die Dinos, die man erschaffen hat, sind da, bleiben da und ja, stehen halt da. Es passiert nichts Unvorhersehbares, nicht Interessantes, nichts Spannendes. Der "Jurassic Park"-Thrill fehlt vollkommen. Ja, es ist ein Eurospiel, da muss man strategisch planen und aufbauen können. Allerdings lässt auch dieser Teil etwas zu wünschen übrigen, auch wenn die grundsätzliche Spielmechanik, die vorrangig aus Workerplacement besteht, ordentlich funktioniert. Es fehlt aber das gewisse Etwas, das "Dinosaur Island" spielerisch oder emotional von ähnlichen Spielen abhebt.
Als wirklich misslungen finde ich, dass die dritte Phase, in der man seine Arbeiter auf dem eigenen Tableau einsetzt, laut Regel simultan stattfinden soll. Hier werkelt also jeder still und heimlich vor sich hin, wandelt DNS um, erschafft Dinos, baut neue Gehege oder schraubt die Sicherheit nach oben. Das ist dann übelstes Spieldesign, wenn ich so gar nichts mitbekomme, was die Mitspieler so treiben. Wir haben es so gespielt, dass alle ihre Worker platziert haben, wir aber reihum alle Aktionen vor allen anderen ausgeführt haben. Das macht es besser, auch wenn man nicht immer alles hundertprozentig nachvollziehen kann, welchen Würfel der Spieler gerade runterschiebt oder was seine neueste Dino-Kreation an DNS benötigt.
Wertungen
Chris: 6,5 (Optik und Variabilität gefallen mir, gleichzeitig fehlt aber der spielerische Reiz, das Spiel öfter auf den Tisch zu bringen)
Holger: 6 (Ein auf den ersten Blick interessantes WP-Spiel mit coolen Elementen, das die vielversprechende Thematik nur vorheuchelt. Es ist total egal, welche Dinos ich in meinem Park habe)
Eva: 6 (Nettes Spiel, würde ich mal wieder mitspielen, aber irgendwie ist der Funke nicht übergesprungen, Optik gefällt mir nicht, spielerisch zu viel Altbekanntes)
Jasmin: 5,5 (Naja, war okay, aber überzeugt bin ich nicht)
Mit "Dinosaur Island" wird dem Jurassic Park-Fan inhaltlich zwar einiges geboten, allerdings auf spielerisch durchschnittlichem Niveau. Hochvariabel mit der Erweiterung und theoretisch auch mit witzigen Ideen, allerdings am Ende des Tages dann auch zu brav und ohne das, was einen Dinopark wirklich ausmacht: Überraschung und Dino-Feeling. Man baut, erschafft und werkelt so vor sich hin, aber so wirklich greifbar ist das Ganze nicht. Da hilft selbst der Jurassic Park-Soundtrack im Hintergrund nicht allzu viel.
Text: Chris
25.07.2021