Verlag: Paverson Games Autor: Dave Beck Spieldauer: 30-120 Min Spieleranzahl: 1-5
Du hast eine Destillerie geerbt und hast sieben Runden Zeit, dich gegen die konkurrierenden Mitspieler durchzusetzen. Hierfür erwirbst du Upgrades wie spezielle Fässer und Flaschen, stellst effiziente Mitarbeiter ein, kaufst Maschinen oder anderweitige Aufrüstungen für deine Destillerie. Am Ende dreht sich dann alles um das Destillieren, das Altern und das Verkaufen deiner edlen Ware.
In jeder der sieben Runden steht nach dem Einkaufen auf dem Markt das Destillieren im Mittelpunkt. Hierfür benötigt man Hefe, Wasser und fermentierbare Stoffe wie Zuckervarianten. Hat man all das verfügbar, gibt es Alkohol dazu und der Kartenstapel wird gemischt. Anschließend entfernt man die oberste und unterste Karte des Stapels - thematisch sehr passend, da Destillateure den Anfang und das Ende jeder Charge ablassen, die schlechte Aromen oder giftiges Methanol enthalten.
Mit allem Übrigen darf man nun - entsprechend seiner freigeschalteten Rezepte - sein Ergebnis in Fässer oder Flaschen abfüllen, mit Aromen anreichern und verkaufen.
Dieses Spielelement enthält demzufolge einen gewissen Zufallsfaktor, da man nicht weiß, welche zwei Karten entfernt werden. Dieses Risiko kann man damit umgehen, den Stapel möglichst umfangreich vorzubereiten, damit ein Verlust kompensiert werden kann. Allerdings sind alle Materialien verschwendet, auch wenn sie nicht gebraucht werden. Das sorgt für ein schönes Dilemma, wie viele und welche Karten man für die Destillierphase einplant.
Hinzu kommt, dass man seine Weine entweder direkt verkaufen kann oder man entscheidet sich für eine Fasslagerung, wodurch eine Reifung und weitere Aromengewinne folgen. Nur beim Verkauf erhält man entsprechende Marken, mit denen man Bonusfelder abdecken kann und die für Wertungskarten relevant sein können. Grundsätzlich ist Geld eher knapp, aber eben immens wichtig, um sich weitere Zutaten oder Upgrades vor der Destillierphase zu kaufen.
Destilled zeigt optisch und haptisch, wie mittlerweile ein hochproduziertes Brettspiel auszusehen und sich anzufühlen hat. Stilsicher, qualitativ herausragend, super hübsch und modular. Der hohe Aufforderungs-charakter ist definitiv eine große Stärke des Spiels und auch die thematische Umsetzung ist für ein Brettspiel außerordentlich gut gelungen.
So eingängig das Destillieren funktioniert, so abwechslungsarm ist es leider auch. Man produziert optimalerweise jede Runde eine Spirituose, daran ändert sich in keiner der sieben Runden etwas. Der Spielablauf ist daher starr und repetitiv, auf der anderen Seite aber zielführend und kompakt. Das ist gleichzeitig Stärke wie Schwäche. Das, was "Destilled" macht, macht es gut. Darüber hinaus bietet das Spiel aber keine großartige Möglichkeit, irgendeine weitreichende Engine aufzubauen. Die Erfahrung ist in jedem Spiel eine sehr ähnliche und wenn einen das stört, könnte man nach zwei, drei Partien möglicherweise bereits gesättigt sein.
Erwähnen möchte ich auch noch, dass das für mich beste und spannendeste Spielelement - das Entfernen der beiden Karten beim Destillieren - Fluch und Segen zugleich ist. Einerseits bringt es einen gewissen Thrill mit, der Emotionen weckt. JA, man kann dieses Risikoelement umgehen, indem man genügend Karten ins Deck haut, aber gleichzeitig verliert man dann eben oftmals eine Menge Zeug, das man anderweitig einsetzen könnte. Pokert man aber etwas und es läuft schief, fühlt sich das unheimlich frustrierend an, da man es sich kaum leisten kann, ein oder zwei Runden gar nichts herzustellen.
Wertungen
Chris: Schönes, thematisch überzeugendes Spiel. Muss ich jetzt nicht in meiner Sammlung haben, aber würde ich immer wieder mal mitspielen. Optisch toll, spielerisch etwas limitiert und repetitiv.
Holger: folgt...
Matthias: Gutes Material, angenehmer Spielfluss, mittlere Komplexität. Spielt man immer mal wieder gern, aber man dürfte mich nachts nicht dafür wecken.
Simon: Wunderschön fluffiges Spiel mit tollem Artwork, entspanntem Thrill und toller thematischer Umsetzung. Es gibt kaum Spielerinteraktion und man spielt nebeneinander vor sich hin - hier im positiven Sinn.
Thematisch hat uns "Distilled" wunderbar in die Welt der Weine und Spirituosen mitgenommen. Spielerisch zeigt sich das Spiel leichter und kompakter als Preis, Produktionswert und Bombast-Optik vermuten lassen. Es ist sehr variabel, verändert aber am recht starren Spielablauf nichts. Das Destillieren ist cool umgesetzt; wenn man jedoch versagt, ziemlich ernüchternd. Die Spielerinteraktion ist minimal, das Spielerlebnis unabhängig von der Spieleranzahl. Ein gutes Spiel, das bei uns immer mal wieder auf den Tisch kommen wird.
Text: Chris
19.04.2023