Ist das schön!

Ein solch optischer Leckerbissen sieht man selten auf dem Spieltisch. Dass die Frauen bereits beim Spielaufbau dahinschmelzen und die Ressourcensteine immer wieder anfassen (die flummiartigen Beeren springen soooo schön auf dem Tisch), ist auf jeden Fall ein erinnerungswürdiger und seltener Moment. Ähnlich begeistert war Sarina eigentlich bisher nur bei Agra. Doch auch spielerisch hat Everdell glücklicherweise einiges auf dem Kasten.

Der 25cm hohe Pappbaum, auf dem sich die Figuren für die nächsten Jahreszeiten sowie besondere Aufträge befinden, ist eine Augenweide. Einige bemängeln, dass er der Übersicht schadet, was auch stimmt, sofern man ihn auf dem Spielfeld platziert und zu viert spielt. In diesem Fall stellt man ihn eben ein Stück zur Seite, null Problem und es sieht immer noch super aus. Was macht man also in Everdell spielerisch? Innerhalb von vier Jahreszeiten versucht man, sein Dorf mittels maximal 15 Karten aufzubauen und dabei 

 

möglichst viele Siegpunkte zu generieren. Man schickt seine hübschen Spielfiguren (es gibt Schildkröten, Ratten, Mäuse, Igel und Eichhörnchen) Ressourcen wie Beeren, Zweige, Kiesel und Harz sammeln. Neben diesem Workerplacement-Teil sind die Karten das Herzstück des Spiels. Ist man am Zug, kann man neben dem Einsetzen der Figuren Karten aus der eigenen Hand oder eine der sechs offen ausliegenden aus der Mitte bauen, dabei unterscheidet man zwischen Gebäuden und Kreaturen. Eine Besonderheit dabei ist, dass man Kreaturen kostenlos ins eigene Dorf 

locken kann, wenn man das dazugehörige Gebäude vorher gebaut hat. Eine sehr schöne Idee, die oftmals viel Würze ins Spiel bringt. 

 

Als dritte Option lässt sich zudem die Jahreszeit individuell wechseln, sofern man dann alle verfügbaren Figuren bereits eingesetzt hat. Das heißt, dass sich einige Spieler z.B. bereits im Sommer befinden können, während andere noch im Frühling spielen. Dies hat Vor- und Nachteile, die es geschickt abzuwägen gilt. Dieses Spielelement ist hochinteressant und funktioniert toll, allerdings kam es bei uns mehrere Male vor, dass ein Spieler bereits "seinen" Winter fertig gespielt hatte, während andere noch eine gute halbe Stunde spielten. Das ist natürlich eine heikle Sache und das wird definitiv nicht jedem gefallen. Bei uns war es nicht wirklich schlimm, da die wartenden Mitspieler das Geschehen immer noch interessant genug fanden, aber das wird sicher nicht jeder so empfinden.

 

Zu Beginn hat bei uns jeder daran gezweifelt, wie es möglich sein soll, innerhalb von nur vier Runden sein Dorf voll zu bekommen, doch das Engine-Building funktioniert wirklich hervorragend. Mit jeder Jahreszeit erweitern sich die Möglichkeiten und wenn man clever spielt, ist in einer einzigen Jahreszeit überraschend viel möglich. 

Pro:

+ durchweg großartiges Spielmaterial

  (Ressourcen, Figuren, Kartenillustrationen ...)

+ schöne Atmosphäre

+ gelungene Steigerung der Aktionsvielfalt

   im Verlauf der Jahreszeiten

+ effektives Engine-Building 

 

Contra:

- Interaktion recht gering

- extreme Wartezeit möglich, wenn Spieler

  früher fertig sind

- man muss recht viele Kartentexte lesen und

  im Blick haben

- recht hoher Glücksfaktor


Wertungen

Chris: 7

Eva: 6

Mark: 7

Sarina: 6


FAZIT:

Es ist toll, dass Everdell nicht zu den Kickstarter-Blendern gehört, sondern neben seiner opulenten Ausstattung auch spielerisch überzeugt. Die Spielmechanik funktioniert wunderbar und die aufgebaute Engine zündet im Verlauf der vier Jahreszeiten immer mehr, sodass es eine wahre Freude ist. Lediglich die Tatsache, dass eine Wartezeit von zwanzig Minuten und mehr gegen Ende des Spiels möglich ist, schmälert den durchweg guten Gesamteindruck etwas.

 

Achso ... Ist es jetzt das schönste Spiel aller Zeiten? Nun ja, wenn man diverse Upgrade-Möglichkeiten vieler Spiele außer Acht lässt und lediglich auf den Inhalt der Grundbox schielt, möglicherweise. Es ist auf jeden Fall verdammt nah dran und natürlich auch Geschmacksache. 

 

Text: Chris

P.S.: Selbst unsere Katze mag Everdell. :)