Neben all den Eurogames ist ein Spiel wie Fireball Island doch mal wieder etwas Besonderes. Das Spiel versetzt uns durch den abenteuerlichen Look und die pompöse Ausstattung zurück in die Kindheit. Das hier ist vorrangig einfach cooles Spielzeug, verpackt in einem einfachen, durchdachten Brettspiel. Aber macht das Ganze jetzt auch wirklich Spaß? Und gibt es auch was zu meckern? Ja und ja.
Was für ein Hingucker dieses Spiel doch ist. Zumindest wenn es aufgebaut ist, denn beim Zusammenbau bin ich aufgrund der grauenhaften Rückseite des Plastiks und der Haptik beim ersten Anfassen doch erstmal erschrocken. Doch die drei zusammen-setzbaren Spielfelder sind letztendlich doch deutlich robuster als zunächst vermutet und auch der Rest geht qualitativ soweit in Ordnung.
In seinem Zug richtet man zuerst seine Spielfigur auf, sofern sie durch zahlreiche fiese Attacken der Mitspieler umgeworfen wurde. Dann spielt man eine von zwei Handkarten, läuft auf der Insel umher, sammelt Schätze, macht auf speziellen Feldern Fotos für Siegpunkte und aktiviert eine freiwillige Sonderaktion, die auf der Unterseite der Karte steht. Freiwillig? Wieso sollte man denn bitte keinen Felsen oder Glutball auf die Gegner schnipen? Natürlich macht man das immer, doch je mehr Erweiterungen man mit reinpackt, desto höher ist letztlich die Wahrscheinlichkeit, doch nicht immer etwas tun zu können, weil schlicht und einfach kein Mitspieler gerade an besagtem Ort ist. Das gilt vor allem für das Wrack, das zwar hübsch aussieht und durchaus eine lohnenswerte Fotokarte bietet, aber oftmals macht es keinen Sinn, dort etwas zu aktivieren.
Für uns macht das Geschehen auf der Insel am meisten Spaß und je mehr Mitspieler dort vertreten sind, desto lustiger wird das Ganze. Im Vergleich zum Original, bei dem der Fokus auf dem Edelstein von Vul-Kur lag, ist dieser zwar immer noch vorhanden, doch lediglich eine von vielen Möglichkeiten, Punkte zu machen. Diese Öffnung ist gut umgesetzt, vor allem weil man durch die vielen verschiedenen Schätze und das Klauen eben jener auf unterschiedlichste Arten (meistens durch das Umwerfen der Figuren durch Feuer- oder
Glutbällen, Schlangen, Bienen, einem Felsbrocken und einem angriffslustigen Tiger (sehr witzig! Diesen muss man von außerhalb des Spielfeldes auf die Insel springen lassen). In seinen besten Momenten hat das Spiel bei uns für riesen Gelächter und ein hohes Maß an Schadenfreude gesorgt. Dafür auf jeden Fall beide Daumen nach oben, die Spielmechanik funktioniert und macht trotz der dennoch begrenzten Möglichkeiten eine Menge Spaß.
Doch es gibt auch Raum für Kritik. Zum Einen finden eine Menge Teile Platz auf der Insel, nicht alle davon gleichermaßen ideal. Die Schlangen (kleine, grüne Kugeln) liegen in dermaßen kleinen Mulden, die einerseits schwierig zu sehen sind, andererseits auch dafür sorgen, dass immer mal wieder eine Kugel versehentlich herunterfällt. Sorgen mache ich mir auch ein wenig um den Tiger, der aus billigstem Plastik besteht. Die Karten sind zwar schön designt und haptisch auch ordentlich, allerdings habe ich das Gefühl, dass sich einige bereits etwas verbiegen. Zum Anderen sind wir nicht gänzlich zufrieden mit den Regeln. Das geht von der Verteilung der Punkte (das Herz von Vul-Kar bringt beispielsweise verhältnismäßig zu wenig) über einige Aktionen wie die Rotation der Geländeteile bis hin zum Einsatz der Injury-Karten. Auf boardgamegeek gibt es bereits viele Impulse für nach sinnvolle Hausregeln, was bei diesem Fun-Spiel wie diesem durchaus Sinn macht. Wir jedenfalls haben die ein oder andere Sache geändert, was dem Spielablauf an sich überhaupt keinen Abbruch tut und für uns das Ganze einfach noch pfiffiger und nachvollziehbarer gestaltet.
+ optisch beeindruckend
+ gelungene Neuinterpretation
+ enorm viel Interaktion
+ ab vier Spielern eine echte Gaudi
- kleinere Materialschwächen
- nicht alle Erweiterungen überzeugen
- zu zweit nicht ganz so spaßig
- sehr hoher Preis
+ 5. Spieler (sofern man nicht die bemalten Minis hat)
+ Felsbrocken
+ mehr Karten
+ / - Schlangen nicht sonderlich effektiv
Gelungene Mini-Erweiterung!
+ Tiger sehr spaßig
+ gelungene Bienen-Angriffe
+ mehr Karten
Must-Have-Erweiterung!
+ optisch durchaus ein Hingucker
+ neues Fotofeld und Saphire
- verlagert das Geschehen unnötig von der Insel
- mechanisch nicht so ausgereift wie die Insel
Okay, aber eher unnötig.
Restauration gelungen! Fireball Island - The Curse of Vul-Kar bietet genau das, wonach es aussieht: Enormen Spaß mit möglichst vielen Mitspielern, gepaart mit einer ordentlichen Portion Glück, etwas Fingerfertigkeit und herrlich fiesen Möglichkeiten, die Mitspieler zu ärgern. Ja, es ist strategischer als das Original, allerdings darf man hier nicht zu viel erwarten. Der Variantenreichtum ist Fluch und Segen zugleich.
Schwierig zu sagen ... wenn man große Lust auf so etwas hat, würde ich sagen, eventuell. Allerdings sind nicht alle Erweiterungen notwendig - das Wrack ist nichts weiter als noch mehr vom selben und unserer Meinung nach unnötig, da es das Geschehen auf der Insel ohne großen Mehrwert verlagert. Prinzipiell ist das Ganze aber schon ein echt teurer Spaß.
Mit der richtigen Einstellung, den richtigen Mitspielern am richtigen Abend kann Fireball Island - The Curse of Vul-Kar Begeisterung auslösen. Wer allerdings mehr erwartet als ein recht einfaches, überproduziertes (und dadurch richtig teures) Fun-Spiel, dem würde ich davon eher abraten.
Text: Chris