Komplexität: ***

Expedition mit Planungsrisiko

Ab und zu gibt es sie: Spiele, von denen man vorher noch nie etwas gehört hat, aber irgendwo dann mal auf einer Top 10 Liste auftauchen. So auch bei Himalaya vom Autor Régis Bonnessée aus dem Jahr 2004. Mittlerweile out of print, es gibt allerdings den inoffiziellen Nachfolger Lords of Xidit, der ebenso an uns vorbeigegangen ist. Glücklicherweise gelang es mir, das Spiel für einen mehr als fairen Preis zu ergattern und so viel sage ich jetzt schon, es hat sich gelohnt. 

Himalaya ist ein Spiel für 3-4 Spieler und ich muss sagen, dass es zu viert ganz klar am besten funktioniert. Warum? Das liegt an der für mich grandiosen Endwertung, aber dazu komme ich noch.

Grundlegend zieht man mit seiner Yak-Karawane von Dorf zu Dorf, sammelt Ressourcen und erfüllt Aufträge. Was auf den ersten Blick nach absolut nichts Neuem klingt, ist im Detail wesentlich interessanter, als man denkt . Man plant in jeder der insgesamt 12 Runden seine 6 Aktionen geheim hinter seinem 

Sichtschirm, dafür haben alle Spieler eine Minute Zeit. Hier sollte man tatsächlich eine Stoppuhr oder ähnliches verwenden, da ansonsten endloses Überlegen angesagt ist und das Zeitlimit zudem einen gewissen Reiz mit sich bringt. Man entscheidet sich zwischen einer Bewegung auf einem von drei unterschiedlichen Wegen, einer Dorfaktion oder dem Rasten. Wird man im Dorf aktiv, kann man entweder die am wenigsten wertvolle dort ausliegende Ressource nehmen oder einen Auftrag erfüllen. Macht man letzteres, wird es erst richtig interessant, da man

sich jetzt zwei von drei möglichen Belohnungen aussuchen kann und verdammt ... alle drei sind enorm wichtig. Es gibt nach Runde 4, 8 und 12 eine Inventur, in welcher Ressourcen Boni bringen, aber so richtig würzig wird das Spiel erst am Ende, wenn die Endwertung ansteht. Zu viert scheidet jetzt nämlich ein Spieler direkt einmal aus (der mit dem geringsten religiösen Einfluss durch das Errichten von Tempeln).

Ja, tatsächlich ... egal, wie gut er in den anderen Bereichen gespielt hat. Aber es wird noch besser: als nächstes scheidet wieder ein Spieler 

aus, dieses mal derjenige mit dem geringsten politischen Einfluss (Area-Control mithilfe eigener Mönchsfiguren). Erst jetzt, wo nur noch zwei Spieler im Rennen sind, zählt die Anzahl der gesammelten Jaks und damit der wirtschaftliche Einfluss. Das ist originell, absolut besonders und einfach super spannend, zumal jeder Spieler ja von Vorneherein weiß, was Sache ist.

Spielerisch hat uns das Spiel richtig richtig gut gefallen, es war alles dabei: Emotionen, Spannung, lautes Gelächter, Kopfzerbrechen und einfach ganz viel Spaß. Was das Spielmaterial angeht, waren wir allerdings nicht ganz so zufrieden. Die Idee, Ressourcen hinter und gleichzeitig auf dem Sichtschirm zu lagern ist praktisch, leider lassen sich die Sichtschirme ohne Tesafilm oder anderen kleinen Tricks nicht wirklich zusammenstecken, klarer Konstruktionsfehler. Des Weiteren sind die Spielfiguren aus Plastik - uns gefallen Holzfiguren einfach immer besser. Die Farben der Spielfiguren sind nicht optimal, zu erwähnen ist auch der ebenfalls nicht ideale Spielplan. Es ist ziemlich schwierig, die einzelnen Gebiete ohne genaues Hinsehen zu erkennen, zudem hat uns extrem gestört, dass der Außenbereich um das eigentliche Spielfeld nicht irgendwie farblich angepasst wurde, da er so einfach nur verwirrt. Das mag nicht jedem so ergehen, aber uns hat das echt gestört. Die Auftragschips sind okay, an den Ressourcenwürfeln aus Holz gibt es nichts zu beanstanden. Insgesamt hat das Spiel eine nette Atmosphäre, auch wenn diese nicht jedem unserer Spieler zugesagt hat bzw. einen gewissen Flair ausgestrahlt hat.

 

Pro:

- originelle, hochinteressante Endwertung

- Aktionen planen à la Robo Rally

- spannender Kampf um die 3 Einflussbereiche

- schöner Ärger-Faktor

Contra:

- das Glück spielt eine nicht unwesentliche

  Rolle

- Spielfeld etwas klein, die einzelnen Gebiete sind

  nicht wirklich gut erkennbar

- Plastikfiguren

- Sichtschirme = Fehlkonstruktion


FAZIT:

Wow! Dieses kleine, übersichtliche Spiel hat auf unserem Spieletisch für ordentlich Feuer gesorgt. Die Endwertung ist genial - dadurch, dass man überall irgendwie mitmischen muss, steigt die Spannung mit jeder Runde. Okay, das Spielmaterial reißt keine Bäume aus, so wirklich atmosphärisch ist das Ganze nicht und die Glückskomponente spielt durchaus eine Rolle aber hey ... Himalaya ist dennoch ein ganz hervorragendes und besonderes Spiel.

 

Ein Blick auf die Spielspaßwertung, bitte! 

 

Text: Chris