Verlag: Elf Creek Games Autor: Paul Salomon Spieldauer: 45-90 Min. Spieleranzahl: 1-4
Wenn man "Honey Buzz" in der Deluxe-Edition auf dem Tisch aufgebaut sieht, muss man schon mal festhalten, welch enormen Sprung Brettspiele in den letzten zehn Jahren optisch und haptisch vollzogen haben. Dieses Spiel ist wirklich wunderschön und stellt bezüglich seines Aufforderungscharakters die allermeisten Spiele spielend in den Schatten. Doch was ist "Honey Buzz"? Ein seichtes Familienspiel? Ein Kennerspiel? Und ist das auch spielerisch interessant genug, um abseits seiner Optik Spieler langfristig zu fesseln?
Noch schöner als Everdell, aber suboptimale Ikonographie
Ja, tatsächlich. "Honey Buzz" ist unserer Meinung nach das bezauberndste und bis dato süßeste Brettspiel. Die Illustrationen haben Charme, versprühen wundervolles Bienen-Flair und das Spielmaterial ist in der Deluxe-Ausgabe einfach phänomenal. Trotzdem gibt es Grund zu meckern, denn die Ikonographie ist dagegen leider nicht vollends überzeugend. Die Abbildungen auf den Blüten-Spielsteinen unterscheiden sich leider merklich von den Ressourcen, die man auf die Hand bekommt. Es gibt eine mir unverständliche Diskrepanz zwischen den Abbildungen auf den Blüten, den tatsächlichen Ressourcen und den Symbolen auf den Marktkarten. Auch die Deluxe-Pollen unterscheiden sich massiv von den Abbildungen. Ist jetzt nicht tragisch, jeder halbwegs normale Mensch bekommt das auf die Kette, aber so ganz kann ich nicht verstehen, weshalb man hier nicht auf eine stimmige Kongruenz Wert gelegt hat.
Motivierende Puzzle-Aktivierung
Spielmechanisch ist der Kern des Spiels der geschickte Erwerb und Einsatz neuer Teilchen für den eigenen Bienenstock. Will man ein bestimmtes Teil, so muss man immer eine Biene mehr als der Mitspieler davor auf diesem Feld einsetzen. Das sorgt dafür, dass der Bedarf an mehr Arbeiter-Bienen schnell wächst, um flexibel zu sein. Hat man sich ein neues Teilchen gekrallt, darf man es nun unter gewissen Legebedingungen frei anbauen. Baut man so eine leere Wabe vollständig zu, werden alle Aktionen darum in beliebiger Reihenfolge aktiviert. Dies sorgt dafür, dass man aufgrund der vielfältigen Anlegemöglichkeiten nahezu nie das Gefühl hat, nichts Sinnvolles machen zu können, gleichzeitig werden aber Spieler belohnt, die taktisch klug ihren Bienenstock erweitern. Mit einem Zug vier oder gar fünf Aktionen zu aktivieren, ist schön extrem gut - da lacht dann das Bienenherz besonders.
Honigverkauf oder Aufträge erfüllen?
Siegpunkte in Form von Münzen ergattert man sich in erster Linie über den direkten Verkauf von Honig und Pollen und erhält dabei einen dem aktuellen Marktwert entsprechenden Betrag, der nach dem Verkauf sinkt. Das bedeutet, dass es besonders lukrativ ist, zu Beginn des Spiels viel Honig oder viele Pollen einer Sorte auf dem Markt zu verkaufen, solange der Verkaufspreis noch hoch ist. Sinkt dieser nämlich nach und nach, werden die Aufträge interessanter, zumal diese nach dem Verkauf eine Bonusaktion ermöglichen. Auch die Aktivierungsplättchen im eigenen Bienenstock sind stark, da jedes davon fünf Münzen gibt. Kombiniert man diese geschickt, kann man mit einer Aktion mal eben fünfundzwanzig Punkte machen - heftig. Extremstrategien konnten wir dabei nicht wirklich ausmachen bzw. sollte man natürlich schauen, dass man seinen Bienenstock sinnvoll erweitert und auch seine Mitspieler im Blick hat.
Kennerspiel auch für Familienspieler
Vom Anspruch her ist "Honey Buzz" ein Kennerspiel, allerdings ein einsteigerfreundliches. Selbst ungeübte Spieler begreifen die Regeln schnell und haben Spaß; trotzdem fühlen sich geübte Spieler nicht gelangweilt. Die Aktionsvielfalt ist ordentlich und bietet Raum für verschiedene Strategien, allerdings könnte das Ganze für einige Experten am Ende möglicherweise auf Dauer zu wenig bieten. Die größte Herausforderung im Spiel liegt darin, dass man passende Waben für entsprechende Nektarsorten baut. Was anfangs ziemlich anspruchsvoll erscheint, gestaltet sich am Ende dann doch wesentlich einfacher als zunächst gedacht, auch weil die Spielerhilfe, den für jede Nektarsorte notwendigen Bauplan präsentiert. Ein wenig schade ist, dass die Plättchen für den Bienenstock immer dieselben Farbränder hat. Würden diese variieren, würde das die Schwierigkeit drastisch erhöhen, aber hier ist stets klar, wie man was zusammenpuzzeln muss.
Beim Nektarsammeln kann man zwei Varianten spielen: entweder mit Kosten für die Bewegung über die aufgedeckten Blüten oder mit einer Art Merkspiel, bei dem man beim Sammeln eine verdeckte Blüte aufdecken darf. Passt der enthaltene Nektar, darf man ihn einbauen; passt er nicht, erhält man einen Pollen und muss sich eben merken, was man bereits aufgedeckt hat. Hier lohnt es sich auch zu merken, was die Mitspieler aufgedeckt haben, denn sollten diese nicht einbauen können, kann man Rückschlüsse auf den Nektar ziehen. Beide Varianten sind ganz cool, sodass wir hier keine präferieren, sondern nach Laune wechseln.
Und was ist mit dem Honey Pot?
Die kleine Erweiterung bietet nicht sonderlich viel Aufregendes, die Honiggefäße bringen ein klein wenig mehr Interaktion ins Spiel, da man gelagerten Honig den Mitspielern wegkaufen kann. Nett sind die schwierigeren Baupläne für den Start, aber ansonsten braucht man die Erweiterung nicht unbedingt.
Bleibt es im Regal? Herrje, gute Frage. Der Platz ist hart umkämpft und spielerisch gibt es da einfach interessantere Alternativen aber ja verdammt, es bleibt erstmal. Das Gesamtpaket stimmt hier einfach total, daher zieht es ein.
Wertungen
Chris: 7 (super süße Optik, interessanter Aktionsmechanismus, am Ende des Tages auf Dauer aber etwas zu seicht, aber ich würde es wohl immer wieder mitspielen)
Sarina: 7 (unfassbar tolles Spielmaterial, spielerisch nett; schade, dass die Plättchen alle gleich aufgebaut sind, das hätte für mich das Spiel zu einem Highlight gemacht, so muss ich es nicht regelmäßig auf dem Tisch haben, da es mir auf Dauer zu wenig bietet, trotzdem ganz gutes Spiel)
"Honey Buzz" begeistert durch sein zielsicheres, stimmiges Design und in der Deluxe-Ausgabe wahnsinnig tolles Spielmaterial. Spielerisch ist das Ganze durchdacht und interessant, beschränkt sich allerdings recht klassisch aufs Bauen, Aktivieren, Sammeln und Verkaufen. Das gewinnt keinen Innovationspreis und könnte Vielspieler am Ende einen Tick zu wenig sein. Trotzdem ist "Honey Buzz" ein sehr gelungenes, einsteigerfreundliches Kennerspiel mit Premium-Optik. Kann man durchaus im Spieleregal haben!
Text: Chris