Verlag: AEG Autor: Ole Steiness Spieldauer: 45-60 Min Spieleranzahl: 2-4
Mit "Meeples & Monsters" hat es ein weiteres Kickstarter-Spiel in mein trautes Heim geschafft. Dieses Mal ein charmant aussehender Bagbuilder, in welchem bis zu vier Spieler die Stadtviertel vor Monstern retten und fleißig Quests erfüllen. Thematisch ist das natürlich aufgekochte Suppe, also was wird hier spielerisch Interessantes geboten? Brauch man das oder kann das wieder weg?
Okay, mal ganz ehrlich jetzt! Eigentlich habe ich das Spiel nur unterstützt, da ich diese coolen, bedruckten unterschiedlich farbigen Meeples wollte. Magier, Krieger, Paladine, Schamanen ... sowas triggert immer etwas in mir und erhofft habe ich mir ein locker flockiges Bagbuilder-Spiel im Kennerbereich, das hoffentlich nicht zu seicht daherkommt.
Workerplacement mal anders - nur für dich allein!
Was erst einmal ein wenig verwundert: jeder Spieler räumt alle von ihm besetzten Ortsfelder ab, sodass jedem Spieler alle Möglichkeiten in der Stadt geboten werden. Das ist eher ungewöhnlich und sorgt natürlich nicht dafür, dass Felder umkämpft sind und man wie sonst etwas eingeschränkt ist. Dass dieses Spielprinzip aber trotzdem Sinn macht, hätte ich vorher nicht gedacht, ist aber so. Denn die Aktivierung bedingt passende Meeple und natürlich ist man darauf angewiesen, dass man mit seinen in der Regel vier bis sechs gezogenen Meeples auch etwas Vernünftiges tun kann. Aus diesem Grund ist es sogar essentiell wichtig, jedem Spieler alle Orts zugänglich zu machen. Die Konkurrenz resultiert dann mehr daraus, welche Monster zuerst bekämpft oder welche Turmfelder vor den Mitspielern abgehandelt werden. Bei beidem wandert die entsprechende Karte bzw. das Plättchen in den Besitz des Spielers.
Schritt für Schritt mehr Möglichkeiten!
Was man als gelungen betrachten kann, ist die Progression in "Meeples & Monsters". Während alle Spieler zu Beginn dieselben schwachen Meeples in ihrem Beutel haben, holt man sich stetig mehr und bessere hinzu . Außerdem lassen sich einige davon zu Beginn des eigenen Zuges aufwerten, aber immer nur einer. Das sorgt dafür, dass man nicht mit Fähigkeiten bombardiert wird, sondern sich kleinschrittig mehr und bessere Optionen eröffnen.
Die Quests machen hier die Musik!
Etwas unterschätzt habe ich zunächst die Quests. Tatsächlich sind diese das Salz in der Suppe und entscheidend für den Sieg. Denn in einer Partie "Meeples & Monsters" kann man locker sechs bis sieben Quests erledigen, mit etwas Glück und Können vielleicht sogar eine zweistellige Anzahl. Erst spät in der Partie war mir klar, dass die gelben Magier-Meeple zwar schwach sind, aber eben auch Quests ziehen lassen, die das Zünglein an der Waage sein können. Es gibt eine ganze Menge an Quests, allerdings kann man diese auch nicht einfach horten, denn erfüllt man diese bis zum Ende nicht, winken Minuspunkte.
Ach komm ... hör jetzt sofort auf, alles durchzurechnen!
Grundsätzlich kann man sagen, dass der Mechanismenmix aus Workerplacement, schlichtem Kampf über Angriffs- und Verteidigungswerte und Bagbuildung durchaus gelungen ist und sich das alles sehr gefällig spielt. Es macht Spaß, seinen Pool an Abenteurern zu vergrößern, einige davon upzugraden und in geschickter Kombination mit seinen Quests die Monster zu vermöbeln.
Leider ist das Spiel aber ein Tick zu lang. Eine gute halbe Stunde zu lang. Zu dritt haben wir etwa immer zwei Stunden gespielt und für mich persönlich ist das trotz der guten Progression zu viel Spielzeit für das, was man hier macht. Meine erste Befürchtung, das Spiel wäre zu seicht, ist Gott sei dank aber nicht eingetreten und ich war überrascht, wie viel Planung dann doch z.B. durch das Stehenlassen der Meeples in der Taverne möglich ist. Generell ist es super wichtig, bestimmte Meeple zum richtigen Zeitpunkt erstmal nicht einzusetzen und aufzusparen, um dann im nächsten Zug voll zuschlagen zu können. Vor allem zum Ende hin wird das immer bedeutsamer, denn wenn die dritte Bedrohungskarte gezogen wird, geht das Spiel nur noch zwei Runden lang. Das heißt, ich benötige dann auch exakt zu diesem Zeitpunkt mächtige Abenteurer, um die "Endgegner" attackieren zu können. Hat man hier blöderweise zu viele weiße Meeples, kann das viele punkte kosten. Dadurch, dass das Spielende aber antizipierbar ist, kann man hier aber durchaus vorplanen.
Materialtechnisch ist das alles soweit prima. Die Meeples sehen natürlich cool aus, auch wenn der Druck darauf nicht ganz praktisch ist. Denn legt man sie hin, sieht man die Farbe nicht mehr wirklich, also bleibt eigentlich nur hinstellen. Spielbrett und Tableaus sind klasse, ebenso die durchgehende grafische Gestaltung. Die Plättchen sind dick und robust, die Karten von guter Qualität.
Was mir nicht so gut gefällt ist die zunehmende Downtime im Laufe einer Partie. Es gibt super flotte Züge, vor allem in der ersten Hälfte des Spiels. Später dann - sobald man durch Fähigkeitskarten und weitere Boni über besiegte Monster und Ortseffekte unterschiedlichste Meeples zur Verfügung hat - kam es oftmals vor, dass ausufernd gezählt und sortiert wird. Okay... die bleiben in der Taverne, mit denen greif ich hier an ... das sind dann elf Angriffspunkte, nee dann nehme ich den noch dazu ... vielleicht stell ich den hier auch da hin ... puhh, das kann ganz schön nerven. Klar, muss man machen, wenn man optimieren will, aber das war mir dann doch einige Male zu viel des Guten.
Wertungen
Chris: 6,5 (Sehr solides Spiel mit gelungenem Bagbuilding und dann doch deutlich mehr Möglichkeiten als anfangs gedacht, mittleres Kennerniveau. Teilweise sehr gefällig, gegen Ende aber auch viel Grübelei, außerdem eine ganze Spur zu lang)
Eva L.: 7,5 (Hat mir gefallen, sicherlich kein Must-Have, aber für zwischendurch ein tolles Spiel, in dem mehr steckt als man denkt; das Bagbuilding ist cool und recht frisch umgesetzt, gerne wieder)
Stefan: 7,5 (schönes Spiel, sehr einstiegsfreundlich, wird aber dann doch hinten raus knifflig genug, rundum gelungen)
Äußerst gelungener Bagbuilder, in dem mehr steckt als man anfangs vielleicht vermutet. "Meeples & Monsters" fängt sehr gemächlich an und steigert sich im Laufe der Partie stetig, sodass es für Kennerspieler eine schöne Herausforderung bietet. Die etwas zu lange Spielzeit und die zunehmende Downtime stören das recht geradlinige Spiel spürbar, sodass es am Ende kein Highlight, aber trotzdem spielenswert ist.
Text: Chris
12.04.2022