Schmidt Spiele bringt mit "Mystery House" ein neues Rätselformat auf den Markt, bei dem die Spieler buchstäblich in ein mysteriöses Haus eintauchen, denn das 3D-Haus ist mit dabei und lässt sich mit Raumkarten in verschiedenste Abenteuer verwandeln. Zwei Episoden sind im Grundspiel mit dabei, wir haben beide gespielt und verraten Euch, ob das Ganze eine lohnenswerte Alternative zu "Exit" und "Unlock" ist.
Wie funktioniert das Spiel?
Ganz klassisch hat man auch in diesem "Escape-Room"-Abenteuer eine Stunde Zeit, um das Abenteuer zu schaffen. Natürlich kann man diese Zeit aber auch unendlich strecken. Das Einzige, was durch eine Zeitüberschreitung passiert, ist eine immer schlechtere Abschlusswertung am Ende. Sei's drum, die stand bei uns sowieso noch nie hoch im Kurs.
Die Spieler schauen gleichzeitig in die Räume auf ihrer Seite des Hauses, auf Absprache darf man das Haus natürlich jederzeit auch drehen, sodass alle Einblick in sämtliche Räume bzw. auf die Wände des Gebäudes erhalten. Man versucht, etwas Interessantes zu erkennen wie z.B. einen gut versteckten Schlüssel, ein Symbol, irgendwelche Zeichen oder gar Offensichtlicheres wie Personen, Truhen oder Schränke. Möchte man einen Ort genauer untersuchen, gibt man die Ortsnummer in die App ein, woraufhin eine Vielzahl an Begriffen auftaucht. Passt einer davon zu dem erkannten Detail (Synonyme gelten dabei auch), wählt man den Begriff aus. Ist dieser richtig, erhält man oftmals eine Objektkarte, teilweise aber auch nur eine genauere Beschreibung des Gesehenen. Bei falscher oder unpassender Auswahl gibt es stets 30 Sekunden Zeitstrafe.
Des Weiteren merkt sich die App, welche Türen geöffnet, welche Gegenstände gefunden und welche Raumkarten entfernt wurden, wodurch man Gegenstände an bestimmten Orten verwenden kann. Natürlich gibt es auch Codes, die man an diversen Stellen eingeben muss, um bestimmte Dinge zu öffnen oder Rätsel zu lösen.
Was ist das Besondere an "Mystery House"?
Natürlich sticht erst einmal das schachtelgroße 3D-Haus ins Auge, was Kernelement des Spiels ist. Hier werden alle Raumkarten einzelner Abenteuer eingesteckt, wodurch ein immer neues Erlebnis entsteht. Im Zentrum des Spiels steht das Entdecken im und ums Haus, wodurch sich das Erlebnis doch recht stark von bisherigen Rätselspielen unterscheidet, bei denen man das Rätselmaterial präsentiert bekommt.
Die dazugehörige, kostenlose App (iOS und Android) ist obligatorisch, ohne sie kann man das Spiel nicht spielen. Obwohl man letztendlich doch oft damit hantiert, nimmt die digitale Komponente hier niemals Überhand, da immer nur ein Spieler die App bedient. Im Laufe des Spiels wird man aufgefordert, diesen Part an einen Mitspieler zu übergeben, so kommt jeder in den Genuss bzw. die Pflicht.
Wie sehr gefällt es uns?
Zunächst muss ich sagen, dass der neue Ansatz, mehr direkte Erforschung in den Fokus zu stellen, grundlegend überzeugt. Man schaut wirklich konzentriert und aufmerksam immer wieder im und am Haus herum, dreht es und versucht, weitere wichtige Details zu finden. Die Suche gestaltet sich dabei wesentlich anspruchsvoller als ich zunächst gedacht habe, denn man darf auch in die Lücken zwischen den Raumkarten schauen. Alles, was man sehen kann, darf man auch näher betrachten, auch wenn das nicht gleich heißt, dass man immer sofort an alles rankommt. Das ist wirklich schön gelöst und dadurch, dass im Laufe des Spiels auch Raumkarten verschwinden und einen "neuen" Blickwinkel eröffnen, bleibt das Ganze spannend und interessant.
Die Rätsel an sich sind vielfältig, letztendlich aber wenig originell, der Schwierigkeitsgrad ist überraschend fordernd. Die 60 Minuten sind unserer Meinung nach nur sehr schwer zu schaffen, vor allem in den ersten Partien. Möglicherweise entwickelt man - wie auch bei der "Exit"-Reihe - irgendwann Routine und gewisse Dinge gehen schneller, aber wir haben keines der beiden Abenteuer innerhalb des Zeitlimits geschafft (für "Der Herr des Labyrinths" benötigten wir 85 Minuten, für "Familienportrait", das eigentlich schwierigere Abenteuer, 71 Minuten).
Ärgerlich empfanden wir die Zeitstrafen, da es reine Glücksache ist, wo ein Schlüssel passt und wo nicht. Fünf Türen, ein Schlüssel ... wenn es blöd läuft, bekomme ich also vier Mal Zeit abgezogen. Das ist unnötig und sollte überdacht werden. Bei falschen Begriffen ist eine Strafe ja okay, aber so bitte nicht.
Das Hilfesystem ist recht gut gelungen, es gibt allgemeine Hinweise sowie dreiteilige Hinweise zu bestimmten Rätseln mit Lösung.
Damit alle Spieler gut ins Haus schauen können, ist es notwendig, dass man unter dem Haus etwas platziert, beispielsweise zwei bis drei Brettspielkartons, damit man optimal hineinschauen kann. Taschenlampen sind unserer Meinung nach absolut notwendig, selbst bei gutem Licht fällt es teilweise extrem schwer, im Inneren des Hauses etwas zu erkennen. Der Aufbau ist immer identisch, die Ortskarten werden entsprechend ihrer Koordinaten in die dazugehörige Reihe und Spalte eingesteckt. Das funktioniert eigentlich ganz gut, hin und wieder muss man aber etwas nachjustieren, damit die Karten auch richtig in die Einbuchtungen passen.
Nach dem Aufbau ACHTUNG beim Hochheben der Schachtel! Will man diese nämlich an den Seiten nach oben heben, rutschen alle Raumkarten hindurch und man muss nochmal aufbauen. Ist mir Trottel dummerweise zwei Mal passiert, echt ärgerlich. Ebenfalls etwas unschön ist, dass man die Raumkarten beim Aufbau natürlich sieht und teilweise Fenster auspöppeln muss. Klar, man so gut es eben geht wegschauen, dennoch hab ich das ein oder andere dann doch etwas gesehen. Nicht tragisch, aber nun ja, lässt sich halt nicht anders bewerkstelligen.
Insgesamt hatten wir mit beiden Abenteuern Spaß, teilweise fanden wir das Ganze sogar ziemlich cool. Einige Rätsel waren allerdings hanebüchen und extrem konstruiert. Klar, kann man drauf kommen und einige Leute werden das wohl auch, aber wir haben teilweise - wie auch bei einigen wenigen "Exits" - mit den Augen gerollt. Letztendlich hat uns dieser frische Ansatz aber gefallen, wir würden durchaus noch die an oder andere Episode im "Mystery House" spielen.
Der Preis ist allerdings etwas happig, um die 35€ für zwei Episoden sind natürlich zu viel, jedoch hat man eben mit dem Haus an sich das Grundgerüst für weitere Episoden mitgekauft, die dann deutlich günstiger ausfallen dürften und sich wohl an den Preisen der "Exit"-Spiele orientieren werden.
Wertungen
Chris: 6 (coole Idee und anspruchsvoller als ich zunächst gedacht habe, die Rätsel haben mir mit ein paar Ausnahmen recht gut gefallen, das Erkunden des Hauses macht Spaß und ist definitiv ein gelungener, neuer Ansatz und kein unnötiges 3D-Schnickschnack. Gerne mehr davon, trotz einiger Macken)
Sarina: 6 (Es hat etwas gedauert, bis ich völlig in diesem neuen Rätselsystem drin war, aber dann hat es mir schon Spaß gemacht. Teilweise nette, fordernde Rätsel, einige aber auch fragwürdig und seltsam. In Summe aber gute Unterhaltung, ich würde weitere Fälle spielen..
Holger: 3 (Was sich vielversprechend angehört hat, ist bei mir leider durchgefallen. Der Aufbau ist aufwändig und man muss aufpassen, dass man nicht zu viel sieht. Die Rätsel waren zum Teil unkreativ, zum Teil an den Haaren herbeigezogen bzw. deren Lösung hat sich teilweise beliebig angefühlt. In der deutschen Ausgabe wurden Teile von Rätseln nicht übersetzt. Das Suchen von Hinweisen ist fummelig und nervig und das Wertungssystem der App gnadenlos. Die Zeitstrafenverteilung ist dabei sogar glücksabhängig (s.o. welcher
Schlüssel passt, welcher nicht?).
Ordentliche Rätsel-Unterhaltung mit Fokus auf Entdeckung. "Mystery House" ist deutlich anspruchsvoller als gedacht und punktet mit frischen Ansätzen und reibungsloser App-Integration. Die Stories sind okay, aber kein Fortschritt zu anderen Spielen. Die angegebene Spieleranzahl ist jedoch zu hoch gesetzt, wir würden das Spiel mit maximal zwei Spielern empfehlen.
Taschenlampen sind aber zwingend notwendig, ansonsten leidet der Spaß massiv. Wir hatten dennoch Spaß damit, verstehen aber, wenn die viel zu harten und demotivierenden Zeitstrafen sowie das fummelige Suchen eher nervt.
Text: Chris
Für diese Rezension stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür an Schmidt Spiele.