Die Architekten haben sie erbaut, die Paladine müssen sie nun verteidigen und den Glauben dort verbreiten. Die Rede ist von der schönen Stadt im Westfrankenreich und während uns die Bau-Episode "Architekten des Westfrankenreichs" eher enttäuscht hat, gefällt uns dieses Spiel hier richtig gut. Die Gründe dafür erfahrt Ihr im Folgenden.
Wie funktioniert das Spiel?
In insgesamt sieben Runden versuchen die Spieler, möglichst effizient ihre verfügbaren, farbig unterschiedlichen Arbeiter einzusetzen, um an allen Ecken und Enden zu agieren. Schon das Ausspielen der Paladinkarte zu Beginn der Runde ist von großer Bedeutung. Jeder Spieler startet mit denselben zwölf Karten, wovon man immer drei zieht, eine für die aktuelle Runde wählt, eine mit in die nächste Runde nimmt und eine unter den Nachziehstapel legt.
Jede dieser Paladinkarten gibt erstmal zwei Arbeiter, viel wichtiger ist aber ihre Sonderfähigkeit sowie ihre Eigenschaften. Mit diesen Boni lassen sich - zur richtigen Zeit gespielt - enorme Vorteile schaffen. Die Auswahl einer ausliegenden Tavernenkarte bringt dann weitere Arbeiter, mit denen man die Runde bestreiten muss.
Grundsätzlich benötigt man für die vielen Einsetzfelder meist den ein oder anderen farbig passenden Arbeiter, jedes Feld benötigt dabei ein bis drei Arbeiter. Es gibt neben dem zentralen Workerplacement-Part zudem Aufträge zu erfüllen (die sich erst nach und nach offenbaren), Angreifer in die Flucht zu schlagen oder zu bekehren. Mauern wollen errichtet, Werkstätten zum Verbilligen künftiger Aktionen gebaut werden, natürlich muss auch stets auf das Geld im eigenen Portemonnaie sowie genügend Nahrung für "anstrengende" Aktionen geachtet werden. Als wäre das noch nicht genug, muss jeder Spieler zusehen, dass er in den drei Eigenschaften (Stärke, Einfluss und Glaube) voranschreitet, denn viele Aktionen benötigen immer mehr davon.
Was ist das Besondere an "Paladine des Westfrankenreichs"?
Die Verzahnung der Aktionen lässt sich hier als großartig bezeichnen, gleichwohl es eine ziemlich klassische Kombination von "wenn du das machst, steigst du hier auf - das erfordert aber diese Eigenschaft und die bekommst du hier" ist. Dennoch sehr straight und hervorragend umgesetzt, mit einem hohen Grad an Aktionsvielfalt, womit wir das Spiel am oberen Rand der Kennerspiele einordnen würden.
Es ist auf jeden Fall das anspruchsvollste Spiel der Reihe und fordert deutlich mehr als "Die Architekten des Westfrankenreiches".
Grundlegend spielt Timing eine große Rolle, da man einerseits stets im Auge haben muss, welche Ressourcen und Arbeiter man für die nächste Runde benötigt - andererseits sind die ausliegenden Karten und Einsetzfelder in der Mitte für alle verfügbar. Somit sollte man auch diese immer im Blick haben und sich die für einen selbst lukrativen Dinge rechtzeitig besorgen.
Auch das Ausspielen der Paladinkarten erfordert Timing, auch wenn natürlich hier das Glück, die richtigen Karten in der passenden Runde auf der Hand zu haben, überwiegt. Dennoch kann man ja immer auch Karten für die nächste Runde vorbereiten und auf andere spekulieren. Das sollte man auch sinnvoll tun, denn die Eigenschaften und Effekte der Paladine können große Auswirkungen auf die Aktionsmöglichkeiten haben.
Wie sehr gefällt es uns?
Am Ende zahlreicher Partien zu zweit und ein paar wenigen zu dritt können wir sagen, dass "Paladine des Westfrankenreichs" für uns ein knappes Highlight geworden ist. Wer uns kennt, weiß, dass wir Interaktion in Spielen sehr schätzen. Diese gibt es hier fast gar nicht - dass das Spiel trotzdem so gut abschneidet, liegt an seiner Eleganz und dem schönen Spannungsbogen. Die Aktionen an sich sind denkbar einfach, sie zum richtigen Zeitpunkt auszuführen, erfordert allerdings durch die vielen Baustellen drumherum ein hohes Maß an Konzentration und Übersicht.
Ressourcen und Arbeiter sind knapp bemessen und während man in der ersten Runde noch sehr limitiert ist und kaum voranzukommen scheint, entfaltet sich eine große Bandbreite an Möglichkeiten und man sieht immer mehr offene Türen. Durch die Gunstkarten, von denen ab der dritten Runde je eine pro Runde offenbart wird, erhält man noch zusätzliche Möglichkeiten, die sich ebenfalls oft lohnen.
Ganz großartig finde ich die ständige Abhängigkeit der drei Haupteigenschaften Stärke, Einfluss und Glaube. Diese voranzutreiben, ist elementar wichtig, denn nur so lassen sich viele der Aktionen weiter ausführen.
Die Optik ist wieder einmal sehr gelungen und stimmig. Viele kritisieren ja den immer gleichen Stil, den der Illustrator schon seit dem Vorgänger und der "Räuber der Nordsee"-Saga an den Tag legt, aber ich habe mich daran bisher noch nicht satt gesehen. Die Ikonographie ist erneut vorbildlich, das Regelheft gut verständlich.
Wertungen
Chris: 7 (Endlich mal wieder ein überzeugendes, anspruchsvolles Optimierspiel mit einem guten Flow, das zu zweit wunderbar funktioniert. Nach mehr als einer handvoll Partien stellt sich jedoch so etwas wie Monotonie ein, da man letztendlich doch oftmals dieselben Wege einschlägt, es gibt weniger zu erforschen als anfangs gedacht)
Vorherige Wertung: 8
Sarina: 8 (zuerst dachte ich, das Spiel hat zu viele Baustellen, aber schnell hat sich gezeigt, dass die Komplexität hier auf den Punkt passt, da alles so toll miteinander harmoniert. Zwar sehr wenig Interaktion, aber als Optimierspiel macht es richtig viel Spaß)
Elegantes Optimierspiel mit schöner Spannungskurve. Zwar sehr solitär, aber prima konstruiert, optisch ansprechend und spielerisch knifflig. Neben dem zentralen "setze farbig passende Arbeiter ein"-Mechanismus bietet das Spiel viele interessante Nebenschauplätze, die prima mit der simplen Mechanik verwoben sind. Dadurch entsteht eine angenehme Komplexität, gepaart mit genau der richtigen Mischung aus Planung und Zufall.
Zu zweit genau das Spiel, das wir uns erhofft haben. Auch zu dritt noch sehr reizvoll, mehr Spieler müssen aber nicht unbedingt sein.
Auf Dauer allerdings etwas repetitiv und im Detail am Ende nicht ganz so reizvoll wie noch in den ersten Partien.
Text: Chris