Verlag: Amphora Games  Autor: Javier Fuentes   Spieldauer: 60-120 Min    Spieleranzahl: 1-4

Altmodisches Rezept, ganz gute Backware

Das Brotbacken im mittelalterlichen Schwaben war ein hartes Geschäft. In "Pandemain" wollen wir uns gegen all die anderen Bäcker-Mitspieler durchsetzen und dabei stoßen wir schneller als uns lieb ist auf enormen Geld- und Ressourcenmangel. Fügt dieser unscheinbare Kickstarter sich in die Riege der Top-Eurospiele ein? Oder geht dem Ofen dann doch die Puste aus? 

 

Immer wieder setze ich meinen Mitspielern die allerneuesten Brettspiele vor die Nase. Jede Woche neue Regeln, immer neue Herausforderungen. Das ist auf der einen Seite enorm abwechslungsreich, manchmal aber auch anstrengend. Immer öfter denke ich daran, diesen Neuheiten-Wahnsinn einfach mal sein zu lassen und stattdessen wieder mehr Spiele auf den Tisch zu bringen, die sich bewährt haben und in denen noch so viel mehr steckt. Hat sich das Einarbeiten in "Pandemain" für mich gelohnt? Im Folgenden erfahrt Ihr es.

Eher für Experten

Vom Anspruch her richtet sich das Spiel eher an die Expertenspieler, denn es gibt eine Menge zu beachten und zu verinnerlichen: Tag- und Nachtaktionen, dreizehn Aktionsfelder für klassisches Workerplacement, eine (nicht zu verachtende) Kirchenleiste, 

ein recht kleinteiliges Ressourcenmanagement und das Brotback-System. Dazu gesellen sich dann Bäckermeister, die man einstellen kann, verschiedene Dörfer mit unterschiedlichen Ansprüchen und ein wenig Set-Collection, Siegpunkte hier, Siegpunkte dort.

 

Soweit so gut, ein klein wenig länger als üblich hat das Regelerklären gedacht, dann ging es schon los. Die Köpfe rauchten schnell aufgrund der auf den ersten Blick sehr herausfordernden Weichenstellung für eine Strategie. Nach ein paar Runden weiß dann der erfahrene Expertenspieler zwar so langsam, wie der Hase läuft, allerdings ist "Pandemain" schon sehr knackig und mit seinen fünf Runden streng getaktet. Die suggerierte Offenheit durch die vielen Aktionen wird recht schnell in die Spur gelenkt, denn zügig neigt sich bei den Spielern das Geld dem Ende zu, dann muss Brot gebacken und verkauft werden, alternativ leiht man sich was im Schloss, was aber auch seine Schattenseiten hat.

Viel Klassisches, wenig Neues

Das, was "Pandemain" bietet, ist höchst klassische, unaufgeregte und anspruchsvolle Eurokost mit wenig Überraschendem. Vielleicht ist das auch mein größter Kritikpunkt, denn letzten Endes muss man sagen, dass das Spiel für mich nichts nennenswert besser, origineller oder interessanter macht als seine vielen Genrekollegen. "Pandemain" sieht nett aus, ist vergleichsweise günstig, bietet eine ansprechende Spieltiefe mit einigen modularen Elementen. Darüber hinaus hat es aber nichts - mit Ausnahme des unverbrauchten Themas - was mich begeistert. Glück spielt kaum eine Rolle,  vieles lässt sich planen und in die Tat umsetzen. Wäre "Pandemain" eines der ersten Euro-Spiele im gehobenen Kenner- oder Expertenbereich, hätte es mich wohl mehr überzeugt. Als alter Hase, der schon zu viel gespielt hat, bietet es aber am Ende zu wenig Neues. 

 

Ja, es gibt vier Mehlsorten (warum zum Teufel ist Weizenbrot am lukrativsten?) und zum Backen erfordern alle Brotsorten unterschiedliche Ressourcen, das ist schon nett. Zudem kann man auch minderwertiges Brot backen, sollte der Keller mal nicht das exakt passende Mehl hergeben. Alles stimmige, spielrelevante Details, die sich schön ins Ganze einfügen. Nur leider ändert das alles nichts an der doch ziemlich festgefahrenen  Spielmechanik: sammle Ressourcen, backe Brot, verkaufe es. Das ist per se nicht verkehrt, nur ist die Umsetzung eben so dermaßen trocken und unoriginell, dass ich das Spiel eher nicht mehr herausholen würde.

Wenige Fehler im Detail, guter Spielfluss

Zu meckern gibt es eigentlich recht wenig, denn "Pandemain" zeigt sich als prima austariertes Spiel mit einem gutem Spielfluss und einer ansprechenden Spieltiefe. Man benötigt schon ein gutes Timing, um die Ressourcen zur richtigen Zeit zu beschaffen und in Brot umzuwandeln. Dass die Milch am Ende eines jeden Tages schlecht wird, macht es natürlich nicht einfacher und "Pandemain" erfordert schon eine gute Portion Vorausplanung - Bauchspieler werden es hier eher schwer haben.

 

Es gibt ein paar Druckfehler auf den Bäcker-Karten und hier und da kleinere Regelunklarheiten, ansonsten punktet das Spiel mit einer verständlichen, wenn auch nicht ganz perfekten Ikonographie. Bleibt leider aufgrund zu starker Konkurrenz in diesem Genre nicht im Regal. 


Wertungen

Chris: 7 (von vorne bis hinten gut konzipiertes Spiel mit nettem Thema und überaus klassischem Arbeitereinsetzen, ansonsten bietet es mir aber zu wenig Aufregendes. Reizt mich nach wenigen Partien nicht mehr sonderlich, was nichts daran ändert, dass es ein gutes Spiel ist)

Sarina: 6 (ganz nettes Spiel, durchaus anspruchsvoll, aber weder Thema noch Spielmechanik locken in mir den Bäcker vor dem Ofen hervor. Kann man spielen, muss man aber nicht)

FAZIT:

Leider hat es "Pandemain" nicht geschafft, uns nachhaltig zu überzeugen. Das unverbrauchte Thema, die schöne Aufmachung und das klassische Workerplacement überzeugen zwar, darüber hinaus bietet es aber zu wenig Neues oder Interessantes, um ähnliche Spiele zu verdrängen.

 

Ein Blick wert könnte "Pandemain" für Kennerspieler und Experten dennoch sein, denn all das, was das Spiel macht, macht es ziemlich gut. Nur ist das eben mittlerweile nicht mehr genug, um einen Regalplatz bei uns zu erobern. Ein gutes Spiel, aber keines, das man meiner Meinung gespielt haben muss.

 

Text: Chris