Verlag: Game Brewer Autor: Kramer / Kiesling Spieldauer: 90 Min Spieleranzahl: 2-4
Manchmal sinniere ich über meine Brettspielsammlung und meinen Drang, immer neue Spiele auszuprobieren, anstatt die wirklich guten, älteren Spielen öfter zu erleben. In letzter Zeit hatte ich viel Glück, denn eine Menge Neuheiten trafen meinen Geschmack. "Paris" hingegen entpuppte sich leider als genau die Art von Spiel, die ich eigentlich umgehen will. Vielleicht tue ich dem Spiel auch ein klein wenig Unrecht, das mag schon sein. Schlecht ist es nicht, es hat seine Momente. Aber das reicht nicht aus, um mich in irgendeiner Form vor dem Ofen hervorzulocken.
Wie funktioniert das Spiel?
Jeder der sechs Bezirke hat Felder mit den Ziffern 1 bis 6. Ist man am Zug, zieht man zunächst ein Gebäude-plättchen und legt es auf ein passendes Feld mit derselben Zahl. Anschließend hat man die Wahl: entweder setzt man einen seiner Schlüssel auf eine Bank in einem beliebigen Bezirk und streicht das entsprechende Geld ein oder man versetzt einen Schlüssel. Letzteres kann man nur im selben Bezirk durchführen, außer der Schlüssel befindet sich auf dem Arc de Triomphe, der jedoch kein Geld bringt.
Versetzt man Schlüssel auf andere unbesetzte Gebäude - was Geld kostet -, muss man stets ein höherwertiges wählen. Auch Wahrzeichenplättchen können Bezirken hinzugefügt und besetzt werden. Bei diesen kann man zusätzlich passende Prestigemarker abgeben, um Zusatzpunkte zu ergattern. Gebäude mit niedrigem Wert bringen Prestige und Boni, Gebäude mit höherem Wert dagegen Ressourcen für den Bau von Wahrzeichen.
Verwendete Ressourcen bleiben im Spiel und können von allen Spielern bei Bedarf gekauft werden. Gibt es in einem Bezirk mindestens vier besetzte Gebäude oder Wahrzeichen, darf der aktive Spieler ein beliebiges Siegpunkteplättchen in einen Bezirk seiner Wahl legen. Hier entscheidet dann immer der Gebäudewert der Spieler (alle Gebäudepunkte zusammengezählt), wer wie viele Punkte erhält.
Sind keine Gebäude mehr verfügbar, darf man alternativ zum Schlüssel ein oder versetzen eines der Spieleende-Plättchen nehmen. Sind diese auch leer, endet das Spiel und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Was ist das Besondere an "Paris"?
Nun ja, viele mögen die Optik des Spiels. Ich nicht so. Es schaut schon interessant aus und das Material ist absolut in Ordnung (17! Stanzbögen), aber wirklich atmosphärisch? In keinster Weise, leider.
Spielerisch schaut es da schon besser aus, denn der Schlüssel-Einsatz-Mechanismus wirkt auf den ersten Blick durchaus frisch. Generell ist das Ganze eine runde Sache - "Paris" bietet ein schlankes, gut durchdachtes Spieldesign. Das Voranschreiten auf der Bonusleiste, auf der man beliebig weit, aber niemals zurück gehen kann, ist ein cooles Element. Auch die Spielzeit passt, die angegebenen 90 Minuten kann man auch zu viert problemlos einhalten.
Wie sehr gefällt es uns?
Bereits nach der ersten Partie war mir klar, dass "Paris" nicht mein Spiel ist. Trotz durchaus nett ausgedachten Aspekten fehlt es mir hier an Eleganz, Spannung, Emotionen und Atmosphäre. Irgendetwas, das heraussticht und mir mehr bietet als ein höchst gemächlicher, unaufgeregter Spielablauf ohne Höhen und Tiefen. Klar, wenn man gewinnen will, muss man hier schon den Überblick behalten, taktisch klug vorgehen und die richtigen Dinge zur richtigen Zeit tun. Aber das Ganze fühlte sich für mich in jeder Partie extrem trocken und völlig unthematisch an.
Auf der Habenseite steht ein schlankes 8-seitiges Regelwerk, das schnell erklärt ist und die flotte Spielzeit. Das mag ich und das passt auch hervorragend zum Anspruch des Spiels - mittleres Kennerspiel-Niveau. Der Spielverlauf ist aber so gleichförmig und eintönig, dass "Paris" in mir nichts auslöst, tiefer in die möglichen Strategien eintauchen zu wollen. Überhaupt nicht. Es ist kein Spiel, das ich nie wieder mitspielen würde, aber gewiss kein Spiel, das ich jemals wieder vorschlagen würde. Muss auf jeden Fall wieder mein Spielregal verlassen.
Wertungen
Chris: 5 (durch und durch solide, die Bonusleiste finde ich gut, auch prinzipiell die Verteilung der Siegpunktplättchen, darüber hinaus aber viel zu eintönig und spannungsfrei)
Sarina: 6 (ganz nettes Spiel, irgendwie mal was anderes, aber gleichzeitig dennoch nichts Besonderes. Schwer zu beschreiben, aber eigentlich mag ich das Spiel ein wenig, obwohl es mich nach ein paar Partien überhaupt nicht mehr reizt. Kann man spielen, muss man nicht.)
Der Ausflug nach "Paris" war leider nicht der aufregendste Brettspiel-Trip, den ich in letzter Zeit gemacht habe. Das Spiel funktioniert und hat seine kleinen Momente, insgesamt wirkt das Ganze aber auf mich wie ein seelenloses Gerüst ohne Atmosphäre und dem gewissen Etwas.
Ein solides Kennerspiel, das ich weder nochmal spielen muss, noch jemandem empfehlen würde. Da gibt es einfach mittlerweile zig bessere Alternativen.
Text: Chris