Verlag: Schwerkraft   Autor: Shem Phillips   Spieldauer: 60 -80 Min    Spieleranzahl: 1-4

Recycling der diskussionswürdigen Art

Mit "Räuber aus Skythien" bringt der Schwerkraft-Verlag ein bekanntes Spiel - "Räuber der Nordsee" - erneut heraus. Natürlich mit Frischzellenkur und den ein oder anderen Detailänderungen. Die Nordsee-Saga halten wir im Genre der Workerplacement-Spiele insgesamt für gelungen, wenn auch unser Spielegeschmack nicht ganz getroffen wurde. Umso gespannter waren wir, ob "Räuber aus Skythien" das beste der Saga vereint und zusätzlich frische Impulse setzt. Schnell war uns aber klar, dass hier nichts weltbewegend Neues passiert.

Wie funktioniert das Spiel?

Grundsätzlich hat man die Wahl, ob man seinen Arbeiter einsetzt, um Dorfaktionen auszulösen oder um einen Raubzug zu starten. Im Dorf beschafft man sich durch klassisches Workerplacement Ressourcen auf freien Aktionsfeldern, außerdem nimmt man anschließend einen anderen im Dorf eingesetzten Arbeiter - egal wer diesen eingesetzt hat - zu sich und führt die jeweilige Ortsaktion aus. Zu jeder Zeit verfügt man also über einen einzigen Arbeiter. Die Farbe des Arbeiters spielt dabei eine Rolle - nicht alle Arbeiter können alle Orte ausführen bzw. erhalten unterschiedlichen Ertrag.

 

Plant man einen Raubzug, muss man zunächst einmal genügend Nahrung sowie Clanmitglieder haben. Je weiter man reisen will, desto höher sind die Anforderungen aber umso lukrativer ist das Ganze. Generell spielt hier auch die Gesamtstärke des eigenen Clans eine Rolle. Je mehr Stärke man aufbringt, desto mehr Siepunkte winken. Die Beute erhält man - sofern man alle Voraussetzungen erfüllt - sofort, im Nachhinein muss allerdings der Schaden erwürfelt werden. Dabei werden Clanmitglieder verletzt und können sogar sterben. Am Ende eines Streifzugs erhält man den darüber platzierten Arbeiter, während der eingesetzte für den Rest des Spiels auf dem Ort verbleibt.

 

Im Dorf können auch Tiere gekauft werden: Adler fügt man oberhalb eines Clanmitglieds hinzu, Pferde unterhalb. Beide bringen Siegpunkte oder verbesserte Aktionen bzw. erhöhen den Stärkewert des eigenen Clans. 

 

Liegen nur noch zwei Aufträge aus oder sind nur noch zwei Orte für Raubzüge vorhanden, endet das Spiel und es gewinnt, wer mehr Siegpunkte hat.

Was ist das Besondere an "Räuber aus Skythien"?

Wie schon bei "Räuber der Nordsee" bietet der flotte "setze und nimm einen Arbeiter"-Mechanismus einen sehr angenehmen Spielfluss. Die Wartezeit beschränkt sich daher auf ein Minimum, das Spiel lässt sich prima aus dem Bauch heraus spielen, lange Grübelphasen sind quasi nicht vorhanden.

 

Die größte Besonderheit ist die optische Präsentation des Spiels, die sich doch sehr deutlich vom Vorgänger "Räuber der Nordsee" abhebt. Der "erdige" Illustrationsstil ist Geschmacksache, auf jeden Fall ist er besonders. Ob man das mag, muss man selbst beurteilen.

Wie sehr gefällt es uns?

Nun ja, ich habe "Räuber der Nordsee" einige Male gespielt, mit und ohne Erweiterungen und sogar in der (hervorragenden) Digitalversion auf der Nintendo Switch. Obwohl ich das Spiel nicht wirklich überragend finde, aber die Leichtgängigkeit hat mich immer wieder mal zu einer Partie verleitet. "Räuber aus Skythien" spielt sich nahezu identisch. Und trotzdem möchte ich es eigentlich nicht mehr spielen. Warum, will ich im Folgenden erklären.

 

Durch die Clan- und Anführerkarten sowie die variabel ausliegenden Aufträge variiert das eigene Vorgehen im Detail immer ein wenig, allerdings verläuft das Spiel grundsätzlich immer sehr ähnlich. Das ist Stärke und Schwäche zugleich, so war es auch schon in der Nordsee. Wo die Leichtigkeit überzeugt, bleibt der monotone Rhythmus. Am interessantesten sind die Raubüberfälle, darauf bereitet man sich vor. Danach geht alles wieder von vorne los. Und das macht irgendwann immer weniger Spaß. Vor allem, weil der Ressourcen-Mechanismus sperrig ist und das Spiel insgesamt auch keine großartige Steigerung erfährt. Die Spannungskurve ist gelinde gesagt bescheiden, bis auf ein paar wenige nennenswerte, taktische Entscheidungen hat das Ganze wenig zu bieten.

 

"Räuber aus Skythien" ist "Räuber der Nordsee" mit Tieren. Und ein paar Details, die aus den Nordsee-Erweiterungen übernommen wurden. Das macht das Spiel aber nicht besser. Spielerisch halte ich beide Spiele für gleich gut, leider ist es dann am Ende tatsächlich die Optik, die mir weniger gefällt. Das Farbenfrohe, Idyllische und Charmantere hat mir bei "Räuber der Nordsee" deutlich besser gefallen. Höchst subjektiv natürlich, aber eben mein Geschmack.

 

So müsste ich das Spiel also genauso bewerten wie "Räuber der Nordsee" (6 Punkte), mache ich aber nicht. Für mich rechtfertigt die optische Überarbeitung und die marginalen spielerischen Änderungen keine Neuauflage. Zumal mir die Optik wie schon gesagt auch noch weniger gut gefällt. Nee, schade. Aber "Räuber aus Skythien" konnte mich nicht überzeugen und hat unser trautes Heim bereits wieder verlassen.

Wertungen

Chris: 5 (Wie beim Vorgänger richtig schöner Spielfluss, aber weiterhin spannungsarm, repetitiv und zudem optisch nicht mehr so ansprechend wie noch die Nordsee-Saga)

Sarina: 6 (grundsolides Spiel mit netten Ideen, vergleichsweise zügig gespielt; insgesamt aber kein Spiel, das mich in irgendeiner Form begeistert)

Klemens: 7 (spielt sich fluffig und angenehm flott; ich mag den Mechanismus; die Optik ist gewöhnungsbedürftig, aber im Grunde ganz nett; ein schönes Spiel für zwischendurch)

FAZIT:

Spielerisch bietet "Räuber aus Skythien" wie schon der Vorgänger ein einsteigerfreundliches, flüssiges Workerplacement in angenehmer Spielzeit. Doch die optisch gewöhnungsbedürftige Optik sowie die marginalen, spielerischen Änderungen der Neuauflage vermögen es nicht, das Spiel auf eine neue Ebene zu katapultieren. Da fragt man sich dann schon: muss das wirklich sein? Meine Antwort ist eindeutig: Nö.

  

Text: Chris