Verlag: Kosmos  Autor: Michael Menzel  Spieldauer: 60 Min    Spieleranzahl: 2-4

Auf ins Abenteuer mit der ganzen Familie

Michael Menzel präsentiert nach seiner erfolgreichen "Andor"-Trilogie sein neuestes Werk "Die Abenteuer des Robin Hood" und entführt Groß und Klein nach Nottingham ins Jahr 1193. In der Rolle von Robin Hood und seinen Gefährten Little John, Marian und Will Scarlet haben auch wir uns in der Sherwood Forest begeben und uns gegen Prinz John und seine Gefolgschaft gestellt. 

Bekannte Storypfade - einfacher Einstieg

Die erzählte Geschichte bewegt sich auf bekanntem, klassischen Terrain, schafft es aber zu überraschen und gut zu unterhalten. Der Einstieg ins Spiel fällt extrem leicht, denn alles, was man vorab lesen muss, ist ein Beiblatt. Die weiteren Regeln erschließen sich step by step, hierbei fungiert das großartige Hardcover-Buch als Storybook und Regelheft zugleich. Das funktioniert hervorragend und reibungslos, mittels zweier Lesebändchen halten wir unseren Fortschritt auf clever durchdachte Weise fest. Sollten Regelfragen auftreten, kann man gewisse Aspekte nochmal problemlos in einem separaten Verzeichnis nachschlagen.

Endlich mal wieder Innovation

Letztendlich kann man sagen, was man will, aber in "Robin Hood" stecken zweifellos enorm frische Ideen. Menzel wollte ein interaktives Spielbrett ohne unzählige Spielfelder, Symbole oder Texte und das, was er uns nun hier präsentiert, ist durch die Bank erfrischend anders und innovativ. Der Spielplan wird aus acht Puzzleteilen zusammengesetzt und ergibt einen riesengroßen, mit herausnehmbaren Teilen bestückten Abenteuerspielplatz. Allein das Herausnehmen und Umdrehen der Teilchen - das Lüften der Geheimnisse - ist super interessant, spannend und spaßig. Den Spielern steht die Landschaft quasi offen: will man gewisse Orte oder eingezeichnete Details erkunden oder mit Personen sprechen, so muss man sich einfach dorthin bewegen und anhand der abgebildeten Zahl den entsprechenden Absatz im Buch lesen - so simpel wie genial. Je nachdem, in welchem Kapitel ihr seid, reagieren gewisse Personen dann auch anders, sodass man nach einer Begegnung gewiss nicht weiß, was diese in Zukunft noch für eine Bedeutung hat.

Bewegung ohne Felder und Würfel? Sowas geht? Oh, ja!

Am meisten beeindruckt hat mich das tolle Bewegungssystem. Dabei ist es so einfach: Es gibt zwei stehende Figuren, welche als Start und Ziel fungieren, sowie drei Figuren mit Holzschablonen. Je nachdem, wie viele man davon aneinanderreiht, erhöht sich die Reichweite der Bewegung. Tabletop-Spieler kennen dieses System natürlich, aber Michael Menzel hat es geschafft, dieses System vereinfacht und clever auf ein Brettspiel zu übertragen.

 

Gelungene Spannungselemente

Warum sollte man also nicht immer alle Holzschablonen verwenden? Natürlich gibt es einen Grund dafür, denn verzichtet man auf die längste Schablone, spart man Kraft und darf einen weißen Würfel in den Beutel werfen. In welchen Beutel fragt ihr? Nun ja, sowohl die Reihenfolge der Spieleraktivierung als auch gewisse Aktionen der Bösewichte bzw. Ereignisse werden dadurch bestimmt, dass die jeweilige Aktionsscheibe aus dem Beutel gezogen wird. Das bietet immer wieder Spannung. Außerdem werden weiße und lila Würfel hineingeworfen, die vor allem für unterschiedlichste Proben relevant sind. So muss man beispielsweise zwei weiße Würfel bei drei Versuchen ziehen, um erfolgreich zu agieren. Da kann die Anspannung am Tisch schon mal für schweißnasse Hände sorgen, vor allem bei den jüngeren Mitspielern. Sorgt man also dafür, dass immer genügend weiße Würfel in den Beutel kommen oder bewegt man sich lieber schneller auf dem Spielplan voran? Dadurch, dass die Position der Spielfiguren eine Rolle bei Angriffen von Wachen hat, ist man immer wieder in der Zwickmühle. Steht man nämlich im Schatten, ist man sicher - sehr schöne Mechanik, die wunderbar ins Thema und die Spielmechanik passt.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt

Als ich das Spielfeld mit seinen unzähligen Wendeplättchen das erste Mal aufgebaut hatte, meinte Sarina sofort: "Das sieht ja aus wie ein Adventskalender". Tatsächlich haben die meisten Spieler dieselbe Assoziation und dieses einzigartige Konzept, ständig Veränderungen auf dem Spielplan zu haben, sorgt für ein stets interessantes, dynamisches Spielbrett, welches sich aufgrund der getroffenen Entscheidungen verändert. Ein kleines Manko gibt es hier aber, denn das Herausnehmen der Plättchen ist teilweise etwas schwerfällig.

 

Da man die Wendeplättchen mehrfach in der Story wendet, sind Abnutzungserscheinungen an der Tagesordnung. Im Netz berichten viele von unschönen Beschädigungen und schlechter Materialqualität, für uns war das aber kein großartiger Kritikpunkt. Mit etwas Vorsicht und später dann auch mit dem Pömpel aus "Rise of Queensdale" ging das eigentlich recht problemlos und ohne schlimme Beschädigungen. Dennoch natürlich verständlich, wenn einige Spieler diese recht schnellen Abnutzungserscheinungen bemängeln.

Und was ist mit dem Anspruch? Alles nur seichte Unterhaltung?

Trotz des kinderleichten Einstiegs würden wir das Spiel in Summe im Kennerspielbereich ansiedeln. Es gibt viele Entscheidungen zu treffen, der Schwierigkeitsgrad schwankt von einfach bis moderat, hin und wieder ging ein Kapitel am Ende knapp aus. Selbst bei einer Niederlage lässt sich jedes Kapitel in einer veränderten Variante erneut spielen, sodass hier wirklich Wert darauf gelegt wurde, die Spieler bei Laune zu halten. Das klappt auch wirklich gut und Groß und Klein können hier eine wunderbare Zeit erleben. Dennoch ist das Ganze natürlich keine Experten-herausforderung und erfahrene Spieler könnten hierbei - vor allem wenn sie keine Freude an der Geschichte selbst oder dem Erkundungsaspekt haben - nicht ganz glücklich werden

 

Der kooperative Aspekt kommt genau wie bei "Andor" auch hier sehr zum Tragen und dadurch, dass Robin Hood wesentlich offener und freier ist als "Andor" ist es für mich im Vergleich auch das deutlich bessere Spiel.


Wertungen

Chris: 8 (hervorragende Unterhaltung, die mir wirklich Spaß gemacht hat und deren Ideenreichtum und innovative Elemente überzeugen konnten)

Sarina: 7 (ich mag keine kooperativen Spiele. Aber ich mag Robin Hood. Das zeigt, wie frisch und gut dieses Spiel ist, habe mich unterhalten gefühlt, auch wenn es mir in Summe zu einfach war)

FAZIT:

Mit "Die Abenteuer des Robin Hood" bekommen abenteuerfreudige Familien ein großartiges Erlebnis, welches die Spieler perfekt heranführt und durch spannende, innovative und kooperative Herausforderungen in die Geschichte saugt. Die Abnutzungserscheinungen des Materials sind etwas unschön und der Anspruch liegt unter dem von "Andor", aber in Summe ist "Robin Hood" im Vergleich das klar bessere Spiel und zudem ein wirklich erlebenswertes Spiel! 

 

Für die Zielgruppe "Familienspieler und Abenteuerfans" vergeben wir die bislang höchste Zielgruppenwertung!

  

Text: Chris

Für diese Rezension stand uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür an den Kosmos Verlag.