Verlag: Ludonova Autor: Germán P. Millán Dauer: 60-120 Min Spieleranzahl: 1-4
Es ist 23:05 Uhr. Nach exakt zwei Stunden und zehn Minuten ist unsere letzte Dreierpartie "Sabika" zu Ende. Etwas sprachlos beginnen wir, das Spielmaterial einzupacken und die richtigen Worte zu finden, denn heute steht das Fazit an. War das gerade gut, was wir da gespielt haben? In der Euphorie eines klaren Sieges muss ich meine Gedanken erstmal erden und die einzelnen Aspekte von "Sabika" Revue passieren lassen. Findet man ein Spiel eigentlich im tiefsten Innern automatisch besser, wenn man meistens gewinnt?
Eins steht direkt fest, da sind wir uns alle einig: spielmechanisch hat das Ganze definitiv etwas auf dem Kasten. Vom Anspruch her bewegen wir uns hier auf niedrigem Expertenlevel. Im Fokus steht das dreiteilige überdimensionale Rondell. Für den äußeren Bereich hat jeder Spieler zwei Arbeiter, für den inneren und mittleren Rondell-Bereich nur einen. Während man in Runde 1 von 5 noch frei einsetzen darf, bewegt man anschließend seine Arbeiter auf den jeweiligen Rondellbereichen immer nur im Uhrzeigersinn entlang. Mehr als zwei Schritte kosten Geld, ebenso das Aktivieren von Feldern, auf denen bereits ein anderer Arbeiter steht. Dieser Mechanismus wirkt auf den ersten Moment recht frisch und originell, spielt sich dann aber ziemlich bekannt und klassisch. Eine Nuance Originalität ist da schon drin, aber nichts, was uns jetzt irgendwie begeistert hat. Aber durchaus eine schöne und runde Sache.
Viel zu tun. Wo fange ich an?
Wie es sich für ein Euro-Expertenspiel gehört, bietet einem "Sabika" eine ordentliche Fülle an Möglichkeiten. Das Lager auf dem Spielertableau will ausgebaut, kleine und große Gebäude gebaut und Schiffe entlang der Routen bewegt werden. Die Handschrift des "Bitoku"-Autors Germán P. Millán ist deutlich zu erkennen, überall gibt es schöne Verzahnungen, während so ziemlich jede Aktion Boni ausschüttet. An jeder Ecke bekommt man irgendetwas, wobei einige Ressourcen schwieriger zu bekommen sind als andere. Selbstverständlich kosten viele Optionen dann auch etwas, wodurch die Planung der insgesamt 20 Aktionen gut durchdacht und möglichst optimal getimed werden muss.
Es gibt darüber hinaus auch noch einige Leisten, die relevant für weitere Boni, Spielerreihenfolge und Kosten am Ende jeder Runde sind. Das Salz in der Suppe sind die Gedichte: Davon gibt es kleine, mit denen man starke Sofortboni und Einkommen erhält. Außerdem auch denkwürdige Gedichte als klassische Siegpunktkarten, die für den Käufer am Spielende Punkte generieren. Letztere kosten natürlich ordentlich was und sind auch pro Spieler begrenzt, was die richtige Auswahl enorm wichtig macht.
Okay, aber brauch man "Sabika"? War das irgendwie etwas Besonderes?.
Wird jemand von uns dieses Spiel noch öfters vorschlagen? Wohl nicht.
Gab es denkwürdige Momente? Nö. Aber zumindest die ein oder andere harte und essentielle Entscheidung während der Partie, welche die Weichen Richtung möglichem Sieg oder krachender Niederlage stellt. Ich mag ja sowas, wenn man letzten Endes zu einem gewissen Zeitpunkt Druck bekommt, ob die eigene Strategie aufgeht oder nicht. Dann werden zwei, drei Aktionen besonders wichtig und das schafft "Sabika" ziemlich gut.
Hat das Spiel eine Spieltiefe, die weiterhin zur Erforschung reizt? Hier lautet die Antwort aber leider: eher nein!
Denke ich an die nächste Partie "Sabika", werde ich wieder mein Lager ausbauen, ein paar Schiffe bewegen, Gebäude bauen und hier und da Boni abgreifen. Das mache ich in gefühlt jedem zweiten Spiel, schon klar. Aber hier ist der Weg ziemlich geradlinig. Was per se nichts Schlechtes ist, aber dann muss das Drumherum passen. Und dazu komme ich jetzt.
Aber der Faktor, der dazu führt, dass das spielerisch interessante Spiel nicht so gut ankam wie vergleichbare Konkurrenztitel, ist die biedere Präsentation. Der Aufforderungscharakter von "Sabika" ist nicht besonders hoch, thematisch ist das alles ziemlich ausgelutscht und präsentiert sich auch so. Egal ob Rondell, Spielertableau, Plättchen oder Leisten - alles ist braun, nichtssagend und langweilig. Einzig der bunte Schifffahrtsbereich und teilweise die Karten der kleinen Gebäude sehen nett aus. Letztendlich schafft es "Sabika" nicht, die Aktionen anschaulich oder atmosphärisch zu transportieren. Ich baue hier keine Gebäude und handle auch nicht mit Städten - ich suche mir die Symbole aus, deren Boni mir am meisten bringen. Natürlich liegt das in der Natur der Sache, aber es macht halt eben mehr Spaß, wenn das Ganze dann auch irgendwie schön verpackt wird. Ich bin mir nämlich sicher, dass "Sabika" in einer hübscheren Verpackung und besserem Thema deutlich öfter auf den Tisch kommen würde.
Hinzu fallen weitere Designpatzer schnell ins Auge: die seltsame Serifenschrift hat wohl der Praktikant ausgewählt. Super unleserlich und nervig. Auch die eigentlich recht gute Ikonographie wackelt aufgrund einiger Undeutlichkeiten und suboptimaler Hervorhebung.
Wertungen
Chris: Spielerisch kratzt das Spiel für mich an der 3 Meeple-Wertung, aber die biedere Verpackung und die redaktionellen Mängel sorgen dafür, dass es für mich als Gesamtpaket kein Highlight ist. Mitspielen würde ich es aber wohl jederzeit wieder.
Holger: Optisch erstmal abschreckend und mit ein paar redaktionellen Patzern (kleine Karten, schlecht lesbare Schrift, Symbole suboptimal hervorgehoben), war es spielerisch doch interessant. Allerdings war mir die Grübelanfälligkeit und Downtime (auch durch mich verschuldet) etwas zu hoch.
Stefan: Leider deutlich trockener, grübellastiger und weniger abwechslungsreich als erwartet. Thema kommt leider gar nicht durch, die Grafik / Ikonographie ist nicht gut gelungen. Nur der gute Rondellmechanismus rettet das Game für mich nicht. Den Vorgänger Bitoku finde ich in allen Belangen besser.
Das Rohmaterial von "Sabika" ist sein anspruchsvolles, auf Timing basiertes Ringen um Aktionen und geschicktes Fusionieren der Möglichkeiten. Leider sorgen die trostlose Präsentation, eine miserable thematische und atmosphärische Umsetzung sowie redaktionelle Patzer dafür, dass das eigentlich sehr interessante Spiel sich nicht in unsere Herzen spielen konnte.
Text: Chris
23.10.2022