Wo kommen eigentlich die ganzen Meeples für die unzähligen Brettspiele her? Natürlich vom Meeple-Planeten, auf dem die zuckersüßen Holzfiguren friedlich leben. Zumindest bis die bösen Menschen auftauchen, um sie für ihre Spiele zu versklaven. Blue Cocker Games gebührt in diesem Jahr auf jeden Fall der Preis für das einfallsreichste Thema, eine fantastische Idee! Aber wie spaßig ist "Save the Meeples" von Florian Sirieix? Hält die tolle Optik, was sie verspricht?
Wie funktioniert das Spiel?
Ist ein Spieler an der Reihe, so kann er Meeple in einen Zug oder in eine fertiggestellte Rakete einsteigen lassen. Setzt man welche in einen der vier Züge, muss man immer möglichst weit hinten einsteigen. Verfrachtet man sie in einer Rakete, sind sie für den Rest des Spiels nicht mehr verfügbar, können aber am Ende Siegpunkte bringen.
Alternativ kann man auch einen Zug zu dem dazugehörigen Ort abfahren lassen. Dort dürfen dann alle Spieler, die Meeples im Zug haben, Ortsaktionen ausführen, allerdings von vorne nach hinten. An den Orten selbst kann man Rohstoffe erhalten, neue Raketenteile bauen, Menschen im Wald bekämpfen, neue Meeple rekrutieren oder Verwundete heilen, Tickets für Bonusaktionen erwerben oder den Countdown für einen Raketenstart starten. Einige dieser Aktionen geben zusätzlich Siegpunkte. Beim Kampf gegen die Menschen werden die Meeple jedoch verletzt, wodurch sie einige Runden außer Gefecht sind. Außerdem kann man Züge wieder zum Startbahnhof zurückfahren, was ein Ticket einbringt und allen Spielern ihre am Ort eingesetzten Meeple wiedergibt.
Das Spiel kann auf zwei unterschiedliche Weisen enden: Sind eine gewisse Anzahl Menschen nach einem Spielerzug im Wald, leitet dies das Ende ein und alle gefangenen Menschen sind zwei Siegpunkte wert. Alternativ ist das Spiel zu Ende, wenn zwei oder drei Raketen (je nach Spieleranzahl) abgeflogen sind. Dann sind gefangene Menschen bedeutungslos und nur Meeple, die es auf den neuen Planeten geschafft haben, geben Punkte.
Was ist das Besondere an "Save the Meeples"?
Wer einen Blick auf die Bilder wirft, erkennt sofort, dass die Optik des Spiels hervor sticht. Das Spielmaterial sieht wirklich toll aus und passt wunderbar zum Thema. Die Aktionsorte sehen mit ihren 3D-Kirigamis zweifellos gut aus, generell ist das Spiel mit seinen Pappzügen inklusive Lokomotiven, Raketen in drei Größen und unterschiedlichen Mini-Holzmeeples ein optischer Augenschmaus.
Auch spielerisch ist das, was man hier tut, durchaus originell und hat einige nette Einfälle, um das klassische Workerplacement aufzulockern bzw. in einem neuen Gewand zu verpacken.
Wie sehr gefällt es uns?
Als wir das Spiel aufgebaut hatten, prognostizierte Sarina, dass sie jede Wette machen würde, die Optik werde hier wahrscheinlich über ein recht belangloses Spiel hinwegtäuschen wollen. Letztendlich hat sich dies teilweise zwar bewahrheitet, jedoch nicht in dem Maße, wie zuerst angenommen. "Save the Meeples" ist kein anspruchsloses Spiel - im Gegenteil; die geschickte Platzierung der Meeple auf den Zügen, das möglichst sinnvolle Aktivieren der Orte - all das erfordert mehr Gehirnschmalz als angenommen. Natürlich spielt man hier viel aus dem Bauch heraus, was auch zur Zielgruppenkonzeption passt, aber betrachtet man die kleinen Regeldetails, die Bonusaktionen und die beiden Spielende-Möglichkeiten, zeigt sich das Spiel für Familien- und Wenigspieler etwas sperrig und wenig intuitiv. Wir haben uns bei diesem Spiel ein Türöffner-Spiel in den Kennerspiel-Bereich erhofft, aber von einer Einsteigerfreundlichkeit eines "Stone Age" ist "Save the Meeples" ein ganzes Stück weit entfernt.
Aber fernab der Zielgruppe muss man sagen, dass die anfängliche Euphorie über das tolle Thema sich bei uns nicht in einen entsprechenden Spielspaß gewandelt hat. Keiner von uns fand es spielerisch schlecht, dafür sind die Aktionen zu gut aufeinander abgestimmt und der eigentliche Spielablauf zeigt sich recht flüssig und irgendwie auch originell. Dennoch krankt das Spiel vor allem genau daran, dass das Thema optisch zwar nett präsentiert, spielerisch aber etwas belanglos und ohne Emotionen umgesetzt wurde. Ein Zug fährt ab, ein Mensch kommt in den Wald ... aha, okay. Und jetzt? Ein Spieler sammelt unbeeindruckt ein paar Ressourcen, ein anderer baut ein Raketenteil, um drei Siegpunkte zu bekommen, ich selbst bekämpfe ein paar der Menschen, um drei Züge später zu realisieren, dass sie am Ende nichts wert sein werden, weil die dritte Rakete demnächst abfliegt. Was genau ist jetzt der Plan der Meeples? Fliehen oder sich der Bedrohung stellen, schon klar. Aber dem Spiel gelingt es leider nicht, dieses Dilemma spielerisch gelungen einzubinden und für Emotionen zu sorgen. Dafür sind die Aktionen zwar grundsätzlich nett gedacht, aber zu rudimentär, um ein wirkliches Gefühl für die Stimmung und das Thema zu entwickeln. Und genau das erwarte ich dann bei so einem Spiel.
Das Spielmaterial selbst schaut wie schon gesagt gut aus, das Handling erweist sich allerdings nicht ganz optimal. Der Zusammenbau gestaltet sich ein wenig schwierig - die Raketen halten nicht perfekt, das Falten der Kirigamis erfordert etwas Feingefühl. Immerhin gibt es auf der Verlagsseite Videos, die das Zusammenbauen der Teile erleichtert, da sich im Regelheft dazu keine große Hilfe befindet. Dadurch, dass die Meeple sehr klein sind, wird das Einsetzen in die Züge und vor allem in die Raketen etwas fummelig, die Züge selbst entgleisen auch gerne mal, wodurch Meeple umfallen. Alles nicht dramatisch, aber eben auch nicht perfekt gelöst.
Wertungen
Chris: 4 (für mich scheitert das Spiel vor allem daran, dass es das tolle Thema spielerisch nicht überzeugend umsetzt. Ja, es hat ein paar nette Ideen, schaut gut aus und funktioniert auch irgendwie, aber es hat rein gar nichts an Emotionen in mir geweckt. Zumindest nicht beim Spielen)
Sarina: 5 (War okay, die Aktionen sind schon ganz nett konzipiert und optisch gefällt mir das echt gut, leider kommt auch für mich das Thema nicht rüber. In Summe nur Durchschnittskost. Finde es auch nicht sonderlich zugänglich für Familienspieler)
Mark: 6 (Mir hat es Spaß gemacht; die Tatsache, dass man völlig auf das falsche Pferd setzen kann, finde ich lustig. Kann man durchaus mal spielen, aber spielerisch lockt mich das natürlich nicht vom Ofen hervor)
Franzi: 6 (nettes Spiel für zwischendurch, mal irgendwie was ganz Anderes als sonst, für Familienspieler durchaus einen Blick wert)
In "Save the Meeples" steckt Gott sei Dank mehr als zunächst befürchtet. Es ist kein belangloser Materialblender, die Spielmechanik funktioniert und hat ihre gewissen Momente. Leider schwächelt das Spiel genau dort, wo es eigentlich am stärksten sein müsste - dem Thema. Die Idee, Meeples vor bösen Menschen zu retten, ist genial, aber das Spiel vermag es nicht, dies besonders spannend oder auf besonders atmosphärisch rüberzubringen. Aufgrund der etwas sperrigen Zugänglichkeit ist es leider auch nicht das perfekte Familienspiel für angehende Kennerspieler, obwohl es im Grund die passende Komplexität dazu hat.
Auch von einem Familienspiel erwarte ich irgendetwas, das mich beflügelt, ärgert, verzaubert oder zum Lachen bringt. Hier war es nur das Thema auf der Rückseite des Spielekartons und die Optik beim Aufbau des Spiels. Währenddessen hat mich das alles eher kalt gelassen. Das klingt jetzt ziemlich ernüchternd und ich will auch gar nicht leugnen, dass in dem Spiel nette Ideen stecken, aber das reicht mir persönlich nicht, um es erneut an einem Spieleabend vorschlagen zu wollen oder es zu empfehlen.
Text: Chris