Und jetzt mal bitte alle staunen!

Ja, "Takenoko Giant" kostet - je nach Angebot auf dem Sekundärmarkt - etwa 150€, möglicherweise sogar mehr. Gewiss kann man darüber streiten, ob man solch spezielle Versionen von Brettspielen aus der Liga der exorbitant teuren Kategorie benötigt. Diese Frage lässt sich aber nicht so einfach beantworten, jedenfalls für mich nicht. Ehrlich gesagt würde ich für eine ultimative, optisch herausragende Version meiner Lieblingsspiele so einige Taler auf den Tisch legen. "Takenoko" hatte ich vorher nie gespielt, daher war die Investition ein reiner Blindkauf. Ob sich das gelohnt hat und ob diese Sammleredition hier bleibt, erfahrt Ihr im Folgenden.

Überdimensioniert 

In "Takenoko Giant" ist alles ein bisschen größer als sonst. Ein bisschen viel größer. Selten hat mich das Material eines Spiels so umgehauen, allem voran natürlich die beiden großartigen Figuren - der Panda und der Gärtner. Die sehen unfassbar gut aus und generell finden wir in der schicken Holzbox einiges zum Staunen. Riesige Plättchen, gewaltige Bambusteile und ... ein überdimensionierter Würfel. Der ist so unfassbar groß, dass es sich schon komisch angefühlt hat, mit ihm zu würfeln. Da fragt man sich dann aber am Ende doch auch, warum die Karten nicht die Qualitätsstufe erreichen, ebenso die zwar praktischen, aber recht dünnen Spielertableaus. Klar, man macht eh nicht viel damit, aber wenn man schon so eine Version herausbringt, dann doch bitte mit durchweg besonderem Material. 

Im Kern ein schönes Familienspiel

Natürlich wusste ich, dass "Takenoko" ein Familienspiel ist und am Ende sicherlich nicht in die Hall of Fame meiner Lieblingsspiele aufsteigen wird, allerdings hatte ich viel Gutes darüber gehört und war gespannt darauf, wie reizvoll das Spiel in Spielerunden mit weniger versierten Mitspielern sein könnte. Denn obwohl mich die komplexen Spiele meistens mehr reizen, braucht man auch mal etwas Zugängliches, Leichtes und locker Flockiges. Also haben wir fleißig unseren Bambusgarten errichtet, geheime Aufträge erfüllt, das Wetter erwürfelt und sichergestellt, dass die richtigen Plättchen mit Wasser versorgt sind. Wer am Zug ist, führt zwei verschiedene der insgesamt fünf möglichen Aktionen aus. Zuvor wird aber noch der Wetterwürfel gerollt und ein Bonus für die Runde abgestaubt. 

 

Siegpunkte macht man rein über die Geheimaufträge, von denen es drei Sorten gibt: farbig korrekt angelegte Beete, ein spezieller Bambus muss auf eine exakte Höhe heranwachsen oder der Panda muss bestimmte Halme verspeisen. Wer zuerst eine bestimmte Anzahl Aufträge erfüllt hat, erhält zwei Extrapunkte und leitet das Spielende ein.

Gutes Familienspiel, aber brauchen wir das?

Das Spiel dauert ein paar Runden, um in Gang zu kommen, denn zu Beginn stehen Panda und Gärtner auf einem einzigen Plättchen. Zunächst wächst der Garten also erstmal, der Handlungsspielraum erstreckt sich auf blindes Wegfressen mit dem Panda - so legt man dem Mitspieler am wahrscheinlichsten ein paar Steine in den Weg. Nach und nach erhöhen sich die Möglichkeiten, allerdings auch die Zufälligkeiten. Oftmals staubt man durch das zufällige Ziehen einer passenden Auftragskarte mehr ab, konstruktives Vorgehen kann immer wieder schnell auch erfolglos bleiben, falls sich etwas ändert. Der Aufwand, der für die Erfüllung der Aufträge betrieben werden muss, variiert stark - wo ein 4-Punkte Auftrag unmöglich scheint, kann einem anderen Spieler durch glückliche Fügung einer mit 6 oder 7 Punkten in den Schoß fallen. Auch der Wetterwürfel bringt eine höchst unplanbare Komponente jede Runde mit sich. Es kam bei uns vor, dass ein Spieler während einer Partie acht Mal genau die zwei der fünf Bonusaktionen gewürfelt hat, die er nicht gebrauchen konnte. Der Mitspieler hatte da mehr Glück und hatte jeden zweiten Zug eine Aktion mehr. Da ergibt man sich eben seinem Schicksal und zuckt ratlos mit den Schultern.

 

Alles in allem ist "Takenoko" ein wirklich schönes, charmantes Familienspiel mit einer netten Spielmechanik. Der Einstieg ist leicht, die Komplexität nicht sonderlich hoch, sodass man es auch mit Kindern wunderbar spielen kann. Für Vielspieler ist da unserer Meinung nach aber zu viel Zufall im Spiel. Ich würde es trotz allem wohl jederzeit wieder mitspielen, wenn es die Situation hergibt. Man kann sich wunderbei nebenher unterhalten, lachen und unangestrengt vor sich hin spielen. Wirklich gezielt die Mitspieler an ihren Zielen zu hindern lässt sich nicht, da man nur raten kann, was diese gerade verfolgen. Somit beschränkt sich die Interaktion auf ein zufälliges Moment, das zwar in einzelnen Situationen wirkungsvoll, aber nie wirklich geplant abläuft.

 

Ist das Ganze jetzt den happigen Preis wert? Lohnt sich die Giant Editon? Ich würde sagen, für große "Takenoko"-Fans möglicherweise. Für uns definitiv nicht, da wir das Spiel auch als Opener für Gelegenheits- und Wenigspieler nicht überragend finden. Ich selbst finde es gut und unterhaltsam, störe mich ein klein wenig an der extremen Zufallskomponente. Bei Sarina fällt das Urteil wesentlich düsterer aus. Sie hatte weitaus weniger Spaß mit dem Spiel und brach in lautes Lachen aus, als ich ihr erzählt habe, was das Spiel gekostet hat. Nun ja, es ist bereits wieder für den Anschaffungspreis verkauft worden. 

Wertungen

Chris: 6 (Ich mag das Spiel irgendwie, auch wenn mich einiges daran stört. Für Familienspieler klare Empfehlung, wer aber schon etwas in der Materie ist, findet sicherlich auf Anhieb interessantere Spiele)

Sarina: 4 (Ich musste laut lachen, als ich gehört habe, was das Spiel gekostet hat. Maximal 20€ wäre mir das Ganze wert (Anmerkung: Sie meint hier tatsächlich die Giant Edition), spielerisch belanglos, für Familienspieler sicherlich reizvoll, aber mir hat das trotz des tollen Spielmaterials nur wenig Spaß gemacht)


FAZIT:

Ohne Frage ist "Takenoko" ein gelungenes, optisch tolles Familienspiel und für hartgesottene Fans des Spiels könnte die Giant Edition möglichweise interessant sein. Für uns lohnt sich das Ganze auf keinen Fall, da wir dem Spiel nur bedingt etwas abgewinnen können. Definitiv ein Blickfang, unserer Meinung nach aber viel zu teuer für das Gebotene und den Spielspaß, der darin steckt.

 

Text: Chris