Ja, ich geb's zu. Der Obelisk hat mich ziemlich beeindruckt, als ich zum ersten Mal Bilder von "Tekhenu" gesehen habe. Daniele Tascini ist ein großartiger Spieldesigner, auch wenn mich "Teotihuacan" nicht gänzlich überzeugen konnte. Unabhängig davon, dass der Obelisk letztendlich aus billig(st)em Plastik besteht und der Übersicht auf dem Spielbrett sogar eher ein wenig hinderlich ist, muss ich sagen, dass "Tekhenu" ein großartiges Spiel ist. Aber reicht es diesmal zum Meisterwerk?
Wie funktioniert das Spiel?
Als zentrales Element fungiert der Obelisk, dessen Schattenwurf dafür verantwortlich ist, welche Würfel rein, verdorben oder verboten sind. Dadurch, dass dieser Obelisk stets nach zwei Aktionsrunden rotiert, ändert sich bei Veränderung des Schattens auch der Status eines Würfels - und damit seine Einsatzmöglichkeiten.
Grundsätzlich kann man mit einem ausgewählten Würfel entweder die zugehörige Ressource (entsprechend seiner Farbe) generieren oder die passende Gottesaktion ausführen. Über die Gottesaktionen lassen sich z.B. Statuen errichten, durch die man profitiert, wenn Mitspieler eine bestimmte Aktion ausführen. Es können Säulen errichtet werden, um Siegpunkte und Ressourcen zu generieren, ebenso die Bevölkerung und deren Zufriedenheit erhöht werden. Je zufriedener die Bevölkerung, desto größer ist die Auswahl bei mächtigen Technologiekarten, die Soforteffekte, dauerhafte Boni oder Siegpunkte am Ende ausschütten.
Nach zwei Obelisk-Rotationen findet eine Maat-Wertung statt, bei der die Augenzahlen von reinen und verdorbenen Würfeln auf dem eigenen Tableau das Gleichgewicht beeinflussen. Hier entscheidet sich die neue Spielerreihenfolge, zudem erhält man Punkte-Strafen, sofern man sich im Minusbereich befindet.
Nach zwei Maat-Wertungen, also vier Rotationen, erfolgt eine Wertung. Nach zwei Wertungen ist das Spiel zu Ende und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Was ist das Besondere an
"Tekhenu"?
Wie wir es von Turci und Tascini kennen, sind die einzelnen Aktionen wunderbar und clever miteinander verwoben. Davon geht man mittlerweile bei diesem Autor ja bereits aus und er liefert auch hier wieder voll ab.
Das eigentlich Bewundernswerte ist dieses Mal jedoch, dass die Aktionen an sich aber trotz der gewaltigen Vernetzung überraschend zügig von der Hand gehen. Ja, man kann die Augenzahl manipulieren, aber Schreiber sind extrem rar und auch für die Anubis-Aktion wichtig. Die größte Zeit geht für die Auswahl des Würfels drauf, aber das Spiel lässt sich angenehm flüssig spielen und wirkt nicht so verkopft wie noch "Teotihuacan".
Auch wenn "Tekhenu" thematisch - wie auch "Teotihuacan" - extrem dürftig daherkommt, fühlt es nicht ganz so nach trockener Optimierarbeit wie der Vorgänger an. Dafür sorgt auch der auf den ersten Blick erneut überladene Spielplan, der sich jedoch schnell als enorm hilfreich, übersichtlich und gut ikonographiert zeigt. Man springt nicht mehr hin und mehr auf irgendwelchen Leisten, von der einen auf die andere Seite - nahezu alles, was man tut, geschieht im ausgewählten Bereich. Das hilft dem Spiel sehr und sorgt dafür, dass ein sehr guter Überblick über das Geschehen gewährleistet wird.
Wie sehr gefällt es uns?
"Tekhenu" gefällt uns besser als "Teotihuacan". Das ist sehr subjektiv, da beide Spiele mechanisch hervorragend konzipiert sind und letztendlich auch beide thematisch nahezu nichts zu bieten haben. Trotzdem habe ich bei "Tekhenu" deutlich weniger das Gefühl, eine trockene Optimierarbeit zu betreiben. Woran das liegt, lässt sich schwer sagen, da beide Spiele streng genommen genau das bieten, aber durch die bessere Übersicht, die flotteren Züge und vor allem den erfrischenden Schatten-Mechanismus macht mir das alles mehr Spaß.
Der Obelisk ist nichts weiter als ein nettes Gimmick, schaut dennoch gut aus und passt wunderbar ins Bild. Da kann man auch verschmerzen, dass die dahinterliegenden Würfel immer etwas schwieriger zu sehen sind. Der Mechanismus an sich ist aber originell, auch wenn er noch eindrucksvoller wäre, wenn der Schattenwurf weniger konstruiert, sondern tatsächlich in einer Abhängigkeit eines weiteren Faktors entstehen würde. Das ist natürlich nur Spinnerei und würde das ohnehin bereits komplexe Spiel nur noch weiter verkomplizieren, aber in meinem Kopf wäre das etwas, das aus einem sehr guten Spiel für mich ein herausragendes gemacht hätte.
Ebenfalls hat mir und meinen Mitspielern gefallen, dass die Art und Weise der Siegpunktgenerierung hier nicht überfrachtet wirkt. Es gibt zwei, drei starke Bereiche, auf die man gehen kann und sollte. Eine andere Sache sind die Karten, die man sich über die zufriedene Bevölkerung beschaffen kann. Hier kann der Zufall schon mitspielen und am Ende eine Karte liefern, die möglicherweise extrem gut passt. Das muss man wissen, wird aber nicht jedem gefallen. Abseits dessen schafft das Spiel aber genau den richtigen Spagat zwischen beinflussbarer Aktionsvielfalt und zufälligen Elementen. Auch die Säulen, mit denen man von Aktionen der Mitspieler profitiert, sind super eingebunden und sorgen für das Salz in der Suppe.
Insgesamt waren wir allesamt begeistert von der spielmechanischen Qualität, vor allem aufgrund des gelungenen Spielflusses, der kompakten Spielzeit und der großartigen Verzahnung. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Thema kaum durchscheint und das Spiel eher wenig Emotionen beschert. Die Spannung ist da, kann aber aufgrund der vielseitigen, aber doch starren Konstruktion kaum nennenswerte Höhen schlagen, was letztendlich dazu führt, dass "Tekhenu" zwar ein sehr gutes, aber kein überragendes Spiel für uns ist. Es ist aber frisch und interessant genug, um sich einen Regalplatz zu verdienen. Ich will es noch viele Male spielen und bin gespannt, wie lange das der Fall sein wird. Da das Thema fehlt, könnte es irgendwann einem Spiel weichen müssen, das auf eine tolle Mechanik auch noch das gewisse Etwas in Form von Atmosphäre, Emotionen oder Spannung draufsetzt.
Chris: 7 (spielerisch hat es mich voll überzeugt, der Zufall bei den Karten ist für mich in Ordnung, darüber hinaus fehlt aber dennoch Atmosphäre oder Spannung, sodass es für mich ein gutes Spiel ist, das aber wie auch Teotihuacan höchst konstruiert daherkommt. Nur mit dem Vorteil, dass ich es hier nicht so sehr merke wie noch bei Teotihuacan)
Klemens: 8 (In diesem Fall geht Mechanik über Thema, einfach großartiger Spielfluss und super toll verzahnt, ein sehr gutes Spiel, das ich jederzeit wieder spielen würde)
Die Richtung stimmt! "Tekhenu" ist im Vergleich zum Vorgänger "Teotihuacan" für mich das bessere, weil frischere und cleverere Spiel. Es brilliert durch einen guten Spielfluss, der Tascini-typischen großartigen Verzahnung und interessanten Entscheidungen. Leider erneut ohne Atmosphäre und Emotionen, aber zumindest auch ohne das allgegenwärtige Gefühl, trockene Optimierarbeit zu betreiben. Sehr gutes Spiel, aber (wieder) kein Meisterwerk.
Text: Chris