Optimierung des Unoptimierbaren

Schon wieder ein Spiel von Stefan Feld, das ich jahrelang nicht auf dem Schirm hatte. Nach dem mehr als überfälligen, großartigen "Luna" hatte ich nach einigen Lobeshymnen große Hoffnung, dass auch "Trajan" eines dieser unscheinbaren Spiele sein könnte, das in meiner Spielegruppe einschlägt. Nach ausgiebigem Spielen im Urlaub in unterschiedlichsten Konstellationen kann ich sagen: definitiv wieder mal ein spielerisches Highlight.

Wie funktioniert das Spiel?

Das Spiel ist in vier Quartale unterteilt, die allesamt in vier Runden eingeteilt sind. Eine Runde geht so lange, bis der Zeitstein eine komplette Runde gedreht hat, wobei seine Zugweite von den jeweiligen Spielzügen der Spieler abhängt.

 

Grundsätzlich gibt es auf dem eigenen Spielertableau sechs Mulden, in denen anfangs zwei farbige Spielsteine stehen. Im eigenen Zug wählt man immer eine Mulde aus und bewegt alle Steine im Uhrzeigersinn weiter. Bei vier Steinen bewegt sich dann auch der allgemeine Zeitstein um vier Felder weiter. Auf jeder Mulde muss man dann einen Stein zurücklassen; aktiviert wird dann die letzte Mulde, auf der man ankommt. Liegt dort dann auch noch ein Trajanplättchen und befinden sich zudem noch die farblich passenden Steine dort, erhält man neben der eigentlichen Aktion auch noch den Bonus des Trajanplättchens.

 

Thematisch sind wir Patrizier, welche die Macht und den Einfluss Roms ausbauen sollen. Wir sammeln und verkaufen wertvolle Güter, bauen Gebäude, erhöhen unseren Einfluss im Senat, sammeln Ressourcenplättchen und Bonusaktionen und rücken mit unserem Feldherren sowie unseren Legionären auf der Norditalienkarte vor.

 

Zum Abschluss jedes Quartals müssen wir dann auch noch die Bedarfe des Volkes erfüllen, die wir erst im Laufe des Quartals Stück für Stück herausfinden.

Was ist das Besondere an "Trajan"?

Erneut verblüfft uns Autor Stefan Feld mit einem innovativen, anspruchsvollen Zug- und Aktionsmechanismus. Hier das Optimum aus seinen Zügen herauszuholen, erfordert eine Menge Gehirnschmalz und nicht selten schüttelt man mit dem Kopf, da man doch irgendwas falsch berechnet hat.

 

Da man neben den grundlegenden Möglichkeiten auf dem Spielplan stets die Anzahl sowie die unterschiedlichen Farben der eigenen Steine in seinen Mulden im Blick haben muss, fühlten wir uns immer wieder schnell am Maximum der (zumutbaren) Planbarkeit. Da man aber meistens immer etwas Sinnvolles tun kann, ist dies kein Problem.

Wie sehr gefällt es uns?

Richtig, richtig gut. Was Stefan Feld hier mechanisch wieder gezaubert hat, ist schon aller Ehren wert, wenngleich man natürlich zugeben muss, dass thematisch und atmosphärisch so gut wie nichts rüberkommt. Wenn man das aber weiß, Felds Spiele kennt und sich darauf einlassen kann, gibt es spielmechanisch ein hochinteressantes, teilweise originelles und sehr anspruchsvolles Spiel.

 

Toll ist ebenso, dass sich das Spiel in jeder Spieleranzahl gleich gut spielt, für jede Konstellation gibt es eine unterschiedliche Zeitleiste auf dem Brett - super!

 

Das Material ist, nun ja ... zweckmäßig. Wieder mal viele viele Plättchen und eine recht triste Optik, die jeden Atmosphärekeim sofort erstickt. Dafür ist die Ikonographie nahezu perfekt. Übersichtsprobleme gibt es ebenfalls keine, alles ist klar und jederzeit verständlich.

 

Strategie- und Taktikfans kommen voll auf ihre Kosten - enorm viele Möglichkeiten, die einen sogar aufgrund der Optimierfreude den eigentlichen Blick aufs Wesentliche, die Siegpunkte, teilweise vergessen lassen können. Man muss hier aufgrund der immer weiter voranschreitenden Zeit eigentlich stets schauen, das effektivste aus seinen Zügen herauszuholen, was nicht immer leicht ist. Ein gefundenes Fressen für grübellastige Optimierer und Potenzial für eine hohe Downtime, letztendlich sollte man einfach schauen, seine Züge nicht zu lange herauszuzögern. Man kann zwar etliche Runden im Voraus planen, meistens bleibt es hier jedoch eher bei der Theorie und man macht das Beste aus der aktuellen Situation. Bei uns war die Spielzeit - was eher untypisch für solch ein Spiel klingt - überraschend flott; 30 Minuten pro Spieler klappt problemlos.

 

"Trajan" ist ein Kennerspiel am oberen Limit, Gelegenheitsspieler sollten wohl erst einmal ein anderes Spiel ausprobieren. Wir waren jedenfalls sehr angetan von "Trajan", jede Partie gefiel uns dabei sogar noch besser, sodass das Spiel auf jeden Fall einen festen Regalplatz bei uns erhalten hat. 

Wertungen

Chris: 7 (Es ist nicht mein Spiel, ich habe alle Partien verloren, dennoch finde ich es spielerisch ziemlich gut. Darüber hinaus allerdings mal wieder thematisch und atmosphärisch eine Nullnummer, deswegen in Summe für mich knapp am Highlight vorbei)

Sarina: 8 (Super Mechanismus, sehr herausfordernd, da man viele Runden im Voraus planen kann, aber auch eine recht trockene Angelegenheit ohne Flair)

Klemens: 8 (Mal wieder ein sehr guter Feld, dessen Stärke rein in der Mechanik liegt)


FAZIT:

Nach "Luna" hat uns auch "Trajan" mit seinem originellen, anspruchsvollen Zug- und Aktionsmechanismus begeistert - ein in jeder Spieleranzahl herausforderndes Wetteifern.

 

Spielmechanisch ein klares Highlight mit einigen Raffinessen, darüber hinaus allerdings tote Hose. Atmosphäre und Thema kommen nicht rüber, dennoch finden wir "Trajan" klasse.

 

Text: Chris