Verlag: Alley Cat Games Autor: Louis & Stefan Malz Spieldauer: 45 - 90 Min Spieleranzahl: 2-5
Irgendwann musste es mich mal wieder erwischen. Zu gut war die Qualität der letzten Blindkäufe, sodass diese erfreuliche Volltrefferquote enden musste. Leider mit einem großen Knall, denn "Tungaru" war definitiv eher ein Erlebnis der schlimmen Sorte für uns. Warum das Spiel bei uns sang- und klanglos durchgefallen ist, erfahrt Ihr im Folgenden.
Wie funktioniert das Spiel?
In "Tungaru" setzen wir Würfel ein, um Aktionen wie eine Bootsbewegung, das Besiedeln von Inseln oder Anwerben von Nomaden und Warenhandel durchzuführen. Nur der Startspieler würfelt seine drei Würfel, alle anderen kopieren dessen gewürfelte Augenzahlen. Nun wählt jeder eine Charakterkarte, wobei jeder Spieler zu Beginn dieselben fünf Exemplare auf der Hand hat. Die Besonderheit ist hierbei, dass die gespielte Charakterkarte nach der Runde weitergegeben wird, sodass sich die Auswahl stetig ändert. Alle Charaktere triggern eine bestimmte Sonderfähigkeit und bestimmen zudem durch ihren Wert (1-5), wer zuerst an der Reihe ist.
In der anschließenden Aktionsphase ist man reihum dran und führt exakt eine Aktion aus. Dabei setzt man Würfel auf noch freien Inselfeldern ein, wobei man immer mit seinem Boot an zwei Inseln angrenzt. Nur diese beiden Inseln können so in Betracht gezogen werden, sofern man das Boot nicht fortbewegt. Alternativ kann man auch bestimmte Würfelfelder auf der gespielten Charakterkarte oder dem eigenen Tableau (zum Segeln) verwenden.
Alles dreht sich um die ausliegenden Nomadenplättchen, die auf jeder Insel und zudem auf den vier Ausbreitungsfeldern offen ausliegen. Kauft man so einen Nomaden, darf man zwischen den zwei angrenzenden Ausbreitungsfeldern wählen, welcher der beiden neuen Nomaden den freigewordenen Platz auf der Insel einnimmt. Die Nomaden selbst eröffnen neben Bonusaktionen oder Vorteilen vor allem Siegpunkte am Ende des Spiels in Abhängigkeit davon, wie viele weitere Nomaden dieser Sorte man sich ergattert hat. Die Punkteausschüttung kumuliert nämlich, womit die Jagd nach denselben Nomaden in Gang gesetzt wird.
Das Spiel endet, sobald die Nomadenplättchen des Ausbreitungsstapels aufgebraucht und zudem alle vier Ausbreitungsfelder leer sind.
Was ist das Besondere an "Tungaru"?
Die Charakterfähigkeiten, das Auslösen eben jener sowie die Abgabe der gespielten Karte an einen Mitspieler sind ein interessanter Kniff, der gut passt, ohne dabei all zu sehr im Fokus zu stehen. Auch die grundlegende Spielmechanik funktioniert einwandfrei und vor allem schnörkellos. Durch die sehr kompakte Konzeption verortet sich "Tungaru" in der mittleren Kennerspielkatagorie mit leicht verständlichen Regeln und überschaubarer Aktionsvielfalt. Es bietet flottes Ressourcensammeln mit einer ordentlichen Portion Set-Collection und Würfeleinsatz-Aktionen.
Wie sehr gefällt es uns?
Es kam in letzter Zeit selten vor, dass wir konsterniert nach einem Spiel dasaßen und uns ein klein wenig die Worte fehlten. Aber um es mal ganz klar zu sagen: "Tungaru" hat uns bereits während der Partie so ein bisschen eingeschläfert. Was man hier macht, ist generisch, zu großen Teilen einfallslos, höchst repetitiv und uninspiriert. Dabei macht das Spiel ja im Kern gar nicht so arg viel falsch, denn der Set-Collection-Aspekt funktioniert, die Charakterkarten sind eine nette Idee und grundsätzlich die Art und Weise des Würfeleinsetzens auch. Leider fühlt sich das Spiel dennoch arg konstruiert an, es hat keinen Mut, keinen Charme und bietet - außer möglichst geschicktes Ressourcensammeln und Tauschen, dem Umwandeln in Punkte bzw. dem Erwerb von Nomaden - nichts, aber auch gar nichts Spannendes. Es hat uns schlicht überhaupt keinen Spaß gemacht, da wir teilweise nur an Ort und Stelle mit unserem Boot geblieben sind, dieselben Aktionen wieder und wieder gemacht haben. Zumal sich auch noch längere Zeit passende Nomaden zufälligerweise in Reichweite zu uns gesellten.
Spielt man das Spiel - so wie es laut Autor gedacht ist - als Wettrennspiel um die Nomaden, kann ich dem Ganzen durchaus im Grundgedanken etwas abgewinnen. Das Problem ist allerdings, dass es immer wieder Situationen gibt, in denen es mehr Sinn macht, nach Schema F erneut Ressourcen in Punkte zu tauschen als einen Nomaden zu kaufen. Dadurch, dass das Spiel aber nur dadurch endet, dass der Nomadenstapel eben leergekauft ist, kann das eine Partie "Tungaru" unter Umständen unnötig in die Länge ziehen. Für mich braucht ein gutes Spiel einen Endpunkt-Trigger, auf den man hinspielt. So ist das für mich zwar nachvollziehbar, aber keineswegs gut umgesetzt.
Wobei das wahrlich nicht mein größter Kritikpunkt ist. Es gibt nur einfach hundert vergleichbare Spiele, die interessanter, emotionaler und knackiger sind.
Dazu kommt leider, dass uns auch die Optik kaum überzeugen konnte. Okay, die Charakterkarten sehen ganz hübsch aus, das schon. Aber Spielplan und Spielertableaus wirken irgendwie extrem steril, ohne jegliche Atmosphäre oder schöne Details. Es fehlt hier einfach an allem. Eine Deluxe-Edition, in der so gar nichts "deluxe" ist. Da reihen sich die hässlichen Plastikboote wunderbar ein. Selten war ein Spiel so schnell wieder weg. Oh ich hoffe, der Käufer hat weitaus mehr Spaß als wir.
Chris: 3 (völlig generisches Ressourcen- und Plättchensammeln, ohne ein Fitzelchen Seele; hat mich bereits nach zwanzig Minuten nur noch gelangweilt, unfassbar monoton, lahme Set-Collection)
Sarina: 4 (grundsätzlich ein solides Kennerspiel, funktioniert zwar, aber mittlerweile gibt es so viele bessere Spiele, sodass ich sowas nicht nochmal brauche; war echt langweilig)
"Tungaru" ist solide und funktioniert, hat aber leider nichts, was mich an Brettspielen so fasziniert. Es fehlt dem Spiel an Raffinesse, an Charme, an Mut und vor allem an Ideen. Stattdessen bietet das Spiel einen uninspirierten, seelenlosen Mix aus Dice-Placement und Set-Collection.
Text: Chris