Verlag: HUCH!  Autor: Reiner Knizia   Spieldauer: 60-90 Min    Spieleranzahl: 2-4

Flotter Hexenzauber

Obwohl "Witchstone" kein klassischer Knizia ist, merkt man dem Spiel die Handschrift des wohl fleißigsten Autors unseres Landes an allen Ecken an. Das Spiel ist perfekt geschliffen wie ein Kennerspiel-Diamant, versprüht durch seine vielen positiven Effekte Wohlfühlatmosphäre und zwingt die Spieler trotz der genial einfachen Regeln immer wieder zu kniffligen Entscheidungen. Ein Must-Have?

Zauberstab an Zauberstab, Hexe an ... ach, verdammt!

Herzstück des Spiels ist die Symbol-Puzzelei auf dem eigenen Kessel-Tableau. Grundsätzlich darf man seine Teilchen hinlegen, wo man möchte, allerdings löst man mit beiden Symbolen des Plättchens die dazugehörige Aktion aus. Und treffen sich gleiche Symbole angrenzend, verstärkt sich die jeweilige Aktion entsprechend. So darf man z.B. die Hexen-Aktion bei drei aneinanderliegenden Hexen-Symbolen gleich dreifach ausführen. Während zu Beginn noch massig Anlegemöglichkeiten gegeben sind, wird es immer kniffliger, denn sowohl die bereits aufgedruckten Symbole als auch die sechs Kristalle dürfen nicht überbaut werden. Somit muss mittels geeigneter Aktionen immer wieder Platz geschaffen werden.

 

Im Endeffekt löst man bei geschickter Platzierung mit seinen Aktionen weitere Aktionen aus, sammelt Boni ein und triggert im Optimalfall eine ganze Kaskade von Aktionen, die ihresgleichen sucht. Es ist teilweise wirklich beeindruckend, wie viel man hintenraus mit einigen Aktionen erreichen kann, was auch dafür sorgt, dass jeder Spieler immer etwas erreicht. Das Salz in der Suppe ist dann die geschickte Taktung der Aktionen und deren Stärke durch die zusammengepuzzelten Symbole. Denn natürlich muss man sich immer wieder entscheiden, welches Symbol man favorisiert und öfter auslösen will als das andere.


Wie lange braucht die Lasagne noch? Okay, eine Runde geht vielleicht sogar noch!

Ganz hervorragend haben wir die flotte Spielzeit wahrgenommen, denn eine Partie "Witchstone" lässt sich zu dritt oder viert in einer guten Stunde spielen. Klar, mit unverbesserlichen Grüblern 

dauert  es immer länger, aber wenn man sich zusammenreißt und es nicht übertreibt, bietet das Spiel wirklich ansprechenden, unkompliziert spielbaren Spaß in einer super angenehmen Spielzeit und geizt dennoch nicht mit der ein oder anderen kniffligen Entscheidung. Die Aktionen sind wunderbar auf einfachem Niveau miteinander verzahnt, überall gibt es Lukratives abzusahnen und alles fühlt sich belohnend an. Durch die geschickte Verteilung der Boni, Punkte durch Karten und diverse andere Siegpunktmöglichkeiten gibt es auch nicht DIE Strategie zum Sieg, sondern man muss immer wieder mal etwas Anderes fokussieren.

Muss man "Witchstone" also haben?

Zumindest nicht, wenn man ein Spiel erwartet, das durch herausstechende Eigenständigkeit, Originalität, besondere Emotionen oder eine hochinteraktive Spielmechanik etwas Neues bietet. Wem es aber reicht, dass bekannte Mechanismen in einem farbenfrohen Setting harmonisch und clever miteinander kombiniert wurden, der erhält hier ein rundum gelungenes Spiel, das Anfänger motiviert, Kennerspieler fordert und selbst Expertenspieler unterhalten kann. Das Spiel schafft es, immer neue Motivation zu kreieren, sodass ich beim nächsten Spiel eine ganz andere Herangehensweise ausprobiere. Vielleicht nutze ich die Kristallaktionen mal ganz anders oder konzentriere mich aufs Bauen? Eher früh den Zauberstab entlang oder lieber erst gegen Ende auf die Siegpunkte dort spielen? Die Pentagramme sind mächtig, aber vielleicht einfach mal ganz ignorieren? Es gibt massig Möglichkeiten, die es auszutesten gilt und das Wettrennen um die lukrativsten Boni ist einfach sehr motivierend und reizvoll.

 

Obwohl die direkte Interaktion sehr gering ist, reagiert man natürlich immer wieder auf die Aktionen der Mitspieler. Wenn Wege verbaut sind, muss man umplanen. Wenn Boni bereits abgegriffen sind, lohnt es sich möglicherweise, seinen Plan zu überdenken. Gefühlt hat es der Startspieler hierbei etwas leichter, aber das ist wie gesagt nur ein Gefühl. Großartig störend finde ich es nicht. Strategisch geht man hier kaum vor, sondern reagiert auf die variabel ausliegenden Boni und die aktuellen Gegebenheiten. 

 

Zu meckern habe ich tatsächlich eher wenig. Okay, das Cover ist irgendwie grausig, aber nun gut. Optisch präsentiert sich das Spiel live und in Farbe deutlich stilsicherer als es noch auf den Bildern den Eindruck machte, auch das Setting ist nett und passend. Aufgrund der recht kurzen Spielzeit schiebe ich immer mal wieder sehr gerne eine Partie "Witchstone" ein. Ginge es länger, wäre es mir wohl dann am Ende doch etwas zu repetitiv und müsste gehen. Aber so ist es eine wirklich gute Alternative für eine kurze, flotte Runde und darf daher im Regal bei uns bleiben.

Wertungen

Chris: 7,5 (immer wieder gerne eine Runde, macht einfach Spaß und bietet in seinen besten Momenten knifflige Entscheidungen. In Summe dann aber nichts, was man nicht schon ähnlich gesehen hätte, aber die Kombi passt)

Sarina: 7,5 (Macht mir echt Spaß, die Aktionsbombe zu zünden ist unheimlich befriedigend, dadurch dass es sich so schnell spielt, bin ich gerne dafür zu haben)

Holger: 7,5 (gutes Spiel mit toller Aktionskombi und Puzzelei, allerdings nur Altbewährtes, das neu aufgewärmt wurde)

Klemens: 8 (tolles Spiel, das kurzweilig ist und trotz einfacher Spielmechanik eine ordentliche Tiefe besitzt, rundum gelungen)


FAZIT:

"Witchstone" ist kurzweilig und spielt sich fluffig. Die Symbol-Puzzelei entfacht teilweise eine wahre Aktionsflut und die Einzelteile harmonieren prima miteinander. Aufgrund einfacher Regeln, aber immer wieder nicht zu verachtender Herausforderung zeigt sich das Spiel für ein breites Publikum reizvoll und ist für uns definitiv ein kleines Highlight. Darüber hinaus entdeckt man hier aber nichts Neues oder Einzigartiges, was nichts daran ändert, dass "Witchstone" empfehlenswert ist.

 

Text: Chris

19.10.2021