10 Kilogramm spielerisches Leichtgewicht

Verrückt, einfach verrückt. Mit "Foundations of Rome" kam der wohl bis dato überproduzierteste Kickstarter überhaupt auf den Tisch - ein Spiel, das ich in drei Minuten meiner Großmutter erkläre und das einfach mal ein komplettes Kallaxregal verschlingt. Lohnen sich knapp 200€ für ein derart reduziertes, aber bombastisch aussehendes Spiel?

 

Ich war kurz auf dem Klo! Erklär nochmal bitte kurz die Regeln

Die Regeln sind simpel, es gibt lediglich drei Aktionsmöglichkeiten: passen und Einkommen generieren, ein Gebäude bauen bzw. überbauen oder einen neuen Bauplatz kaufen. Die Spielzüge sind super schnell, es gibt nahezu keine Downtime und das Geschehen gestaltet sich dann sogar taktischer als gedacht. Welche Bauplätze schnappe ich meinen Mitspielern weg? Wann baue ich wo welches Gebäude? Gehe ich lieber auf mehr Einkommen, Population oder gar Siegpunkte? Je nachdem, welche anderen Gebäude angrenzen, ganz egal wer diese gebaut hat, winken bei bestimmten Gebäudetypen Punkte. Das spielt sich einfach, aber hat dann doch eine nette Spieltiefe. 

 

Dadurch, dass man nur acht Bauplätze gleichzeitig reservieren kann, ist man zum Bauen gezwungen. Überbauen kann bei geschicktem Timing die eigene Ausrichtung zum richtigen Zeitpunkt ändern, allerdings darf man lediglich kleinere Gebäude durch größere ersetzen. Ein mittleres Einkommensgebäude zum passenden Zeitpunkt gegen einen großen Populationszuwachs zu tauschen, kann das Zünglein an der Waage sein. Auch die Monumente bringen immer wieder kleine Änderungen ins Spiel, die der Abwechslung gut tun, denn ansonsten besitzen alle Spieler exakt dieselben Gebäude.

 

Die Drafting-Variante der Bauplatzkarten zu Spielbeginn kann ich nur empfehlen, da so sichergestellt wird, dass ein Spieler nicht einfach durch glücklichen Zufall direkt ein großes Gebäude bauen kann.

Das Aufbewahrungssystem der Gebäudeminiaturen ist großartig. Jeder Spieler greift sich einfach seine Palette, die alles enthält, was man benötigt. Dann nur noch die Bauplatzkarten und die Monumentkarten ausgelegt, los geht eine Partie. Die Monument-Erweiterung würde ich auf jeden Fall empfehlen, da sie die Komplexität mit den einzigartigen Gebäuden ein klein wenig erhöht und das Spiel einfach interessanter macht.

 

Wie geil sieht das denn bitte aus!

Generell besticht das Spiel natürlich vor allem durch seine phänomenale Tischpräsenz. Wenn ich Rom aufbauen will, dann doch bitte so! Das sieht schon einfach genial aus, vor allem lassen sich die detaillierten Gebäude dann auch noch super bemalen. Bisher habe ich ihnen lediglich einen kleinen Wash verpasst sowie die Dächer bemalt, aber bereits jetzt sieht es ziemlich gut aus. Was ebenfalls toll ist ist die klare Ikonographie, die sich auch unter den Gebäuden befindet. Bei den Wertungsphasen sieht man auf einen Blick, wie viel Geld und Punkte seine gebauten Gebäude einbringen - sehr schön gelöst.

Heute eine Runde Rom bauen? Ja, aber nur wenn du tragen hilfst!

Bei aller Opulenz, die "Foundations of Rome" zweifelsfrei bietet, muss man sich die Frage stellen, ob so ein Spiel sein muss und ob sich diese teure Investition lohnt. Zunächst einmal muss ich ganz klar sagen, dass ich diese 10kg schwere Schachtel ungern auf Spieleabende mitschleppen würde. Das Teil ist einfach so groß wie vier oder fünf andere Spiele und für das, was es mir dann spielerisch bietet, ist das einfach eine Spur zu viel. Und das kommt von jemandem, dem Spiele eigentlich nicht opulent genug ausgestattet sein können. Okay gut, dann also nur hier bei mir daheim! Aus dem Schrank ziehen ist ja kein Problem, die paar Meter ins Wohnzimmer schaffe ich noch. Also soll ich es behalten?

 

Ich gehe in mich und denke nach. Stelle mir die Frage: Ist das Spiel so gut, als dass es mir auch mit Plättchen Spaß machen würde? Naja, geht so. Es ist durchaus interessant, aber wirklich regelmäßig spielen muss ich das nicht.

 

Nächste Frage: Ist mir das summa summarum alles 200€ wert? Ehrlich gesagt nicht. Ich liebe Spiele mit fantastischer Tischpräsenz, die mich und meine Mitspieler ins Spiel saugen und atmosphärische Unterhaltung bieten. Für solch ein "Füllerspiel" ist mir das aber einfach die Kohle nicht wert und es ist dann auch letztendlich spielerisch nicht reizvoll und interessant genug. 


Chris: 5 (Nettes Spiel in einer übertrieben pompösen Ausstattung. Kann man mit jedem spielen, hat auch durchaus seinen Reiz, aber im Endeffekt gibt es gefühlt hundert Spiele, die mir mehr Spaß machen)

Eva L.: 6 (Sehr solides Spiel mit simpler, aber taktisch durchaus reizvoller Mechanik, die riesige Box ist für mich aber auch zu viel des Guten, auch wenn es natürlich imposant aussieht)

FAZIT:

Auch wenn in "Foundations of Rome" spielerisch mehr steckt als zunächst gedacht, bietet mir das opulente Gesamtpaket nicht genug Spielspaß für den heftigen Preis. Auf der einen Seite ist der Ansatz, Rom nicht mittels Plättchen sondern imposanten Gebäuden aufzubauen, irgendwo lobenswert. Andererseits ist mir dieses Monstrum einfach zu viel des Guten, vor allem da ich nicht genug Spielspaß aus diesem 200€ teuren Sammlerstück pressen kann. Darf wieder gehen, auch wenn es unheimlich schön war.

 

Text: Chris

26.04.2022