Retro-Blick: "Das schwarze Auge"

Der Moment, als ich die Burg des Schreckens an Weihnachten ausgepackt habe, hat sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt. Sofort war ich Feuer und Flamme für dieses Spiel. Nächtelang bin ich vor dem großen Tag wach gelegen und habe an die geniale TV-Werbung gedacht, in der dieser großartige und höchst atmosphärische Dungeon mit - und jetzt festhalten - DREHBAREN GEHEIMTÜREN gezeigt wurde. Monster und Helden mit unterschiedlichen Waffen, Heiltränke und Schatztruhen, am Ende die pompöse Burg mit dem bösen Nemesis und dem gruseligen Mantikor, der den Eingang bewacht. Das Ganze ist jetzt etwa fünfundzwanzig Jahre her, aber was soll ich sagen ... es fühlt sich nicht so lange an.

So präsent die Erinnerung an die Vorfreude noch ist ... das eigentliche Spielen ist mit den Jahren in Vergessenheit geraten. Klar, ich wusste noch immer, wie das Spiel grob abläuft, aber war es auch gut? Wie viel Spaß hat es gemacht? Ich war mir nicht mehr sicher. Taugt es auch heute noch was?

Also habe ich letztes Jahr den Dachboden meiner Eltern durchsucht und bin tatsächlich fündig geworden. Die Burg des Schreckens war noch da, in tadellosem Zustand und vollständig. Somit war die Freude groß und da ich 

mittlerweile zahlreiche Spiele bemalt und zudem gerade Zeit hatte, habe ich mich direkt ans Pinseln gesetzt, um dem Spiel noch mehr Flair zu verschaffen. Das Ergebnis war trotz des  Speedpaintings und der nicht ganz so berauschenden Miniaturqualität wirklich ansehnlich, wie die Bilder schön zeigen. Ich habe nicht nur die Figuren, sondern ebenso die Burg angemalt und mit den ein oder anderen Details versehen. 

Doch damit nicht genug, ich wusste - ebenfalls durch die damalige TV-Werbung - dass es noch ein zweites Spiel im selben DSA-Universum gab, das Dorf des Schreckens. Auf Ebay wurde ich fündig und kurz darauf der große Knall: es gibt sogar ein drittes Spiel und allesamt lassen sie sich miteinander kombinieren zu einem großen Erlebnis. Ich war total angefixt, aber Teil drei, Im Tal des Drachens, zu bekommen, gestaltete sich extrem schwierig. Kaum zu bekommen, aber einige Wochen später verkaufte es tatsächlich jemand auf Ebay, also schlug ich zu, natürlich, wie das eben für Raritäten so ist, zu einem happigen Preis. Das Bemalen ging also weiter und schließlich war das Trio komplett. 

Schaut cool aus, oder? Fanden meine Kumpels auch. Also sollte es losgehen. Zu fünft - vier Helden und ein Overlord - spielten wir diese einzigartige Trilogie.

Es geschah, was eigentlich zu erwarten war - trotz der grandiosen Optik blieb der Spielspaß mehr oder weniger auf der Strecke. Klar, wir wussten, dass uns hier kein mechanisch anspruchsvolles Spiel erwartet und sind durchaus locker an das Spiel rangegangen, aber Vieles wirkt nicht durchdacht und vor allemmit vier Helden extrem sperrig. Mit diversen Hausregeln brachten wir zwar etwas mehr Möglichkeiten ins Spiel, aber mussten letzten Endes feststellen, dass die Spiele nicht arg viel mehr hergeben.

Und dennoch waren wir uns alle in einer Sache einig: für Kinder ist das Ganze durchaus mehr als brauchbar und ein fantastischer Einstieg in die große Welt der Fantasy-Brettspiele. Die versteckten goldenen Waffen, die Vielzahl an unterschiedlichen Monstern, die coolen drehbaren Lebenspunkte an der Base der Helden und natürlich die bombastische Ausstattung ... ja, da macht das Ansehen alleine schon Spaß. 

FAZIT:

Es war ein schöner Blick in die Vergangenheit, der jedoch eklatante spielerische Mängel in den "Das Schwarze Auge"-Brettspielen offenbart hat. Spielmechanisch heutzutage viel zu seicht und unausgereift, aber dennoch mit enorm viel Atmosphäre und Flair. Hausregeln und diverse Modifikatoren (einige davon auf BGG) bringen etwas mehr Pepp, ändern allerdings so gut wie nichts an dem extrem angestaubten Spielablauf.

 

Sind die drei "Das Schwarze Auge" Spiele also schlecht? Im Grunde genommen ja, auch wenn man nicht sagen kann, dass sie unspielbar sind. Würde ich die Spiele trotz besserer Alternativen trotzdem mit meinem Sohn spielen? Möglicherweise. Das liegt jedoch sicherlich am Nostalgie-Faktor und der Tatsache, dass es solche Spiele heutzutage gar nicht mehr gibt. Aber sind sie das Geld wert, das mittlerweile dafür verlangt wird? Definitiv nein. Ich finde es dennoch toll, sie zu haben. Das verstehe, wer will.