Spieleindrücke vom Brettspielwochenende Revival#2
Wie immer war die Vorfreude auf das Brettspielwochenende in meiner Heimat ein Highlight des Jahres für mich. Und auch dieses Mal ging das Treffen mit meinen Jungs natürlich viel zu schnell vorbei, dennoch waren es wieder unvergessliche Stunden. Jedes Jahr findet unser Treffen zwei Mal statt und diese Zeit erinnert mich immer wieder an meine Brettspielanfänge. Zehnstündige "Talisman"-Sessions, viele "Flying Frog"-Titel und niveaulose "Card against Humanity"-Runden - damit hat alles angefangen. Dann entflammte auch die Liebe zu Euro-Spielen. Seitdem wird so gut wie alles gespielt, was irgendwie interessant klingt.
Los geht's mit "Return to Dark Tower", das sich völlig überraschend auch direkt zum Spiel des Wochenendes entwickelt hat. Kooperativ haben wir uns dem dunklen Turm entgegengestellt bzw. einige One-Shot-Szenarien absolviert. Und es hat unfassbar viel Spaß gemacht. Meine Jungs kannten das Spiel vorher nicht und waren durch die phänomenale Tischpräsenz mit Spielmatte, bemalten Minis und natürlich dem Turm selbst sehr begeistert. Auch spielerisch steckt eine Menge drin, mit Erweiterung und gritty-Schwierigkeit auch angenehm knackig. Ganze vier Partien wurden gespielt und alle lechzen bereits nach mehr. Es bleibt mir gar keine andere Wahl als "Return to Dark Tower" beim nächsten Revival wieder mitzubringen.
Ein Partyspiel mit moralischen Dilemmas und Zugunglücken? Überfahre ich lieber die Blockflötenaufführung der Zweitklässler oder eine beliebte Kleinstadtbibliothekarin? Wenn so ein Spiel wie "Trial by Trolley" funktioniert, dann in dieser Spielegruppe, wo sich Männer drei Tage lang verhalten wie pubertierende Teenies und sich in regelmäßigem Abstand vulgäre Ausdrücke um die Ohren schleudern. Und was soll ich sagen - es hat funktioniert. Zwei Runden Dauerschmunzeln, wilde Diskussionen und Gelächter, so muss das sein. Theoretisch muss ich dafür 4 Meeple vergeben, allerdings wollte ich diese Gaudi - naiv wie ich bin - kurz darauf in anderen Spielegruppen wiederholen und da ist es einfach nur gefloppt. Wenn ich ehrlich bin, kann ich das eigentlich nur mit den Jungs beim Revival-Treffen spielen. Somit sinkt meine Wertung drastisch. Gegenüber "Cards against Humanity" bzw. den Ablegern "Bäm" oder "Kampf gegen das Spießertum" hat "Trial by Trolley" zumindest den Vorteil, dass es origineller hinsichtlich der Antwortbreite ist und sexistische Äußerungen nicht dauerhaft im Fokus stehen. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich das mit kaum jemandem spielen kann und will, kann ich es nicht empfehlen.
Auf eine Runde "Reckoners" in der Epic-Edition hatte ich mich bereits im Vorfeld gefreut, da ich das Spiel sehr mag und schon viele superspannende Partien hinter mir habe. Leider dieses Mal nicht, was daran lag, dass wir zu sechst gespielt haben. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad war das mal so überhaupt kein Problem. Dadurch, dass jeder irgendetwas besonders gut konnte, fehlte es uns an nichts. Zu viel Geld, zu viele Items, zu viel Kampfkraft und viel zu viele Jokerchips. Dementsprechend unaufgeregt war die Partie. Zu sechst würde ich es wohl nur nochmal auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielen. Ändert aber nichts an meiner Meinung zu dem Spiel.
"Berge des Wahnsinns" war ein Spontankauf kurz vor unserem Treffen, da ich schon viel Gutes über das Spiel gehört hatte. Kooperativ versucht man gemeinsam, mit dem Flugzeug den Gipfel des Berges zu erreichen und dann abzuhauen, indem man Plättchen aufdeckt und dort gewisse Aufgaben erledigen muss. Der Clou dabei ist, dass jeder Spieler wahnsinnig wird und dementsprechend während der Aktionsphase agieren muss. Während der eine z.B. beim Sprechen die Hand vor den Mund halten muss, da er laut Wahnsinnskarte seine Zähne hasst, läuft ein anderer ständig um den Tisch, der nächste stellt ständig nur Fragen und macht seltsame Geräusche, ein anderer kann nicht aufhören zu sprechen. Super witzig, super originell und absolutes Granaten-Feature. Das Problem dabei ist aber, dass das restliche Spiel super langweilig ist. Man macht nichts weiter als bestimmte Karten ablegen und muss sich halt trotz dem ganzen Wahnsinn absprechen. Während wir das Spiel anfangs super cool fanden, nutzt sich das Ding enorm schnell ab, man will eigentlich nur mal alle Wahnsinnskarten durchspielen und dann hat es uns nur noch gelangweilt. Nee, trotz großertiger Idee konnte uns das so überhaupt nicht überzeugen.
Die nächste Katastrophe heißt "Betrayal at House on the Hill" in der dritten Edition. Boah, war das ein Mist. Belangloses Rumlaufen und Plättchen aufdecken, stupides Gewürfle und langweilige Texte. Haben wir nach dreißig Minuten abgebrochen, einmal das Szenariobuch durchgeblättert und entschieden, dass wir das Ding schnell wieder einpacken. Dankbarerweise hat mir Stefan das Spiel für nen Zwanni abgekauft. Ob er das wirklich nochmal spielen will? Naja, billiger als Feuerholz ist es wohl grade immerhin. Vielleicht wollte er es ja dafür haben.
Wirklich überrascht hat uns dann "So Kleever!", ein Wort-Assoziationsspiel mit frischer Idee. Man schreibt Begriffe auf die Tafelabschnitte, indem man zwei Wörter kombiniert und nennt, was man mit diesen verbindet. Anschließend entfernt man die zufällig platzierten Begriffskarten und ein Spieler versucht, die Karten wieder so anzuordnen, wie es seine Mitspieler zuvor gemacht haben. Schönes Spiel, bei dem Punkte völlig egal sind, man einfach nur ein Weilchen nachdenkt und die Gedankengänge der Anderen nachzuahmen versucht.
Für das Essen aus der weltbesten Pizzeria "La Fontana di Capri" in Neulußheim gibt es natürlich volle Punktzahl.